Glacium hominides oder der gewöhnliche Schneemann
 
   
Style switch
   
   

Reich
Imaginales

Glacium hominides (1)
Stamm
Oligocyta
Klasse
Schneballiformes
Ordnung
Glaciales
Maße
von klein bis groß
Vorkommen
ubiquitär in winterkalten oder dauerkalten Regionen
Besonderheiten
 
Letztes Relikt einer Art, die "Omne vivum et vivo" wiederspräche.
Schutzstatus
 
In unseren Breiten alljährlich auf's Neue aussterbende Art.

 

Allgemeines

Der Name "Gewöhnlicher Schneemann" ist etwas irreführend, impliziert er doch, dass es keine Weibchen gibt. Dies ist nicht der Fall, doch scheint sich das Verhältnis zugunsten der Männchen verlagert zu haben.
Die wahre Besonderheit liegt auf einem anderen Gebiet: An sich gilt seit der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert "Omne vivum et vivo" ("Alles Leben entsteht aus Leben"), jenes Postulat von Louis Pasteur und Robert Koch, welche die Urzeugung von Mikroorganismen verneinte, die man bis dato durch Heuaufgüsse problemlos zu erschaffen können glaubte. Pasteur gelang es, diese "Urzeugung" durch längeres Kochen und anschließenden Luftabschluss zu verhindern und erfand damit die "Pasteurisation" [sprich: Paßtöhrisatzion], was im Übrigen sehr gut war. Man stelle sich vor, Koch hätte etwas erfunden, was die Nachwelt fürderhin "Kochisation" [sprich: Kochisatzion] zu nennen gezwungen wäre, ein Wort, welches gute Chancen auf einen Rekord als langjähriges "Unwort des Jahres" hätte.
Nun stellt sich die Frage, ob dieser von Koch und Pasteur aufgezeigte Umstand für Glacium hominides überhaupt von Bedeutung ist, da deren Postulat nur auf die Mikroorganismen bezogen ein Novum war. Zwar hatte Aristoteles die Tiere ursprünglich in drei Gruppen eingeteilt, von denen eine die "spontan entstehenden" war (animalia sponte nascentia) und diese den "lebendgebärenden" (animalia vivipara) und den "eierlegenden Tieren" (animalia ovipara) gegenübergestellt, doch war diese Ansicht schon zuvor durch die Arbeiten von v. Siebold und Leukart überholt. Für ein derart großes Wesen wie den gewöhnlichen Schneemann scheinen jedoch die Überlegungen Pasteurs und Kochs recht egal zu sein.
Doch dieser Schein trügt, denn bei Glacium hominides handelt es sich um den größten bekannten Einzeller. Zwar durchläuft er in seiner Ontogenese ein Mehrzell-Stadium, welches aus zwei bis drei Zellen besteht. Diese verschmelzen während der Metamorphose am Ende des Larvalstadiums jedoch zu einer vielkernigen Riesenzelle (Syncytium). Die adulten Schneemänner scheinen immer aus dieser einen Zelle zu bestehen und auch wenn die Anzahl der Zellen abweicht, so kann man dennoch Parallelen zu Ceanorhabditis elegans ziehen, der im adulten Stadium ebenfalls über eine konstante Anzahl an Zellen (Eutelie) verfügt. Jedoch ist dort der Weg der Zellzahlveringerung nicht die Bildung eines Syncytiums, sondern Apoptose (programmierter Zelltod).
Zudem scheint der gewöhnliche Schneemann jedes Jahr wieder aus unbelebter Substanz neu zu entstehen. Diese beiden Aspekte machen Glacium hominides zu einem interessanten Studienobjekt, stehen sie doch in krassem Widerspruch zum pasteurisierten Postulat.

top
Ontogenese, Ökologie und Phylogenie

Grundvoraussetzung für die spontane Entstehung von Glacium hominides ist das Absinken der Temperatur. Dies spricht für einen ausgeprägten circaannualen (= jahreszeitlichen) Rhythmus, wie er zum Beispiel auch beim Dsungarischen Zwerghamster (Phodopus sungorus) auftritt. Dazu bedarf es einer nennenswerten Anhäufung von Wasserkristallen (sog. Schnee). Die Kristalle lagern sich zusammen (ähnlich den Schleimpilzen) und scheinen in größeren Aggregationen ein höheres Bewußtsein zu bilden, welches auf bisher unbekannte Weise die Juvenilen von Homo sapiens s. dazu veranlasst, in die Aggregate einzugreifen und bei der Ausbildung der Proportionen, der sogenannten Initialentstehung, unterstützend zu wirken (s. Bild rechts).

Juveniler H. sapiens bei der Initialentstehung (2)
Ob es sich dabei um eine für beide Seiten vorteilhafte Beziehung (Symbiose) handelt, die Wasserkristall-Aggregationen die kleinen Menschen zu deren Nachteil ausnutzen (Parasitisums) oder ob keinerlei vor- oder nachteilhafte Effekte entstehen (Kommensalismus), ist bisher noch nicht geklärt, aber Gegenstand heißer Diskussionen.
Über die evolutionären Aspekte scheinen sich nicht nur Forscher Gedanken zu machen, sondern auch der gew. Schneemann selbst. Laut Haeckels "Biogenetischer Regel", nach der die Ontogenese (Individualentwicklung) die Phylogenese (Stammesentwicklung) wiederspiegelt, trifft bei Glacium hominides in allen Details zu.
So ist es dem brillanten Forscher und Zeichner Waterson gelungen, diesen Augenblick, bei dem der gewöhnliche Schneemann seinem direkten Vorfahr Aug' in Aug' gegenübersteht und in andächtigem Schweigen verweilt, für die Nachwelt festzuhalten (s. Bild rechts). Möge die Gattung Homo mit seinen evolutionären Vorfahren ähnlich verfahren, anstatt diese gedankenlos zunächst der Roten Liste und anschließend der Vergessenheit zu überantworten.
Gew. Schneemann mit gew. Schneeball (2)
top
Zellschicksal

Die Zellbiologie ist indes schon weiter als die Ethologen/Ökologen. Das Entwicklungsschicksal der gesamten Zelllinie ist geklärt.

a) Wasserkristall-Aggregat
b) Primärzelle
c) Juveniles Mehrzell-Stadium
d) Verschmelzen zum Syncytium (Metamorphose)
e) Adulter Glacium hominides
top
Fortpflanzung und Verhalten
Sowohl Balzverhalten als auch Fortpflanzungsakt konnte bisher noch nicht beobachtet werden. Lediglich die Initialentstehung wurde schon vielfach beschrieben und dokumentiert.
Dass es eine Art Balzverhalten gibt und sogar eine gewisse Form von Brutpflege ist jedoch zweifelsfrei belegt (s. Bild links).
Sobald TUmgebung>0°C scheinen Rezeptoren die Autohydrolyse des Körpers einzuleiten. Wahrscheinlich wird mit der Flüssigkeit das Erbmaterial im Boden verteilt, welches in Verbindung mit den Wasserkristallen-Aggregationen im nächten Jahr Einfluss auf juvenile Homo sapiens ausübt und die Inistialentstehung auslöst.
Für gewöhnlich verfällt der adulte G. hominides in eine Schreckstarre, wenn er sich beobachtet fühlt. Durch seine Tarntracht ist er hervorragend an den mit Schnee bedeckten Hintergrund angepasst. Lediglich seine Körperanhänge weisen abweichende Farben auf.
Brutpflege im Rudel (2)
 
Autohydrolyse (1)
Anzeichen von Religion im Zusammenhang m.d. Autohydrolyse (2)
Ektohydrolyse (2)
Mag der gewöhnliche Schneemann auch noch so harmlos erscheinen, Berichte über Aggressionsverhalten auf innerartlicher Basis konnte schon des öfteren dokumentiert werden. In diesem Zustand höchster Erregung scheint Glacium hominides sämtliche Vorsicht zu vergessen und ignoriert die Schreckstarre, so dass erschreckende Dokumentationen die Forscherwelt erschreckten. Diverse Veröffentlichungen in hochrangigen Zeitungen (Näitscha, Seiänz, Applied Schneekanone) setzten sich mit diesem Thema und einer möglichen Gefährdung für die Umwelt durch diesen Blutrausch-ähnlichen Zustand auseinander, konnten bisher jedoch keine Bedrohung feststellen. Ob der Auslöser ein angeborenes Revierverhalten ist, oder eine Tendenz zu veränderten Serotonin-Spiegeln widerspiegelt, konnte bisher nicht untersucht werden, da die sterblichen Überreste unter Laborbedingungen sofort der Autohydrolyse anheimfallen. Ob hierbei funktionsfähiges Erbmaterial freigesetzt wird, ist mangels Schnee im darauffolgenden Jahr in den Laboren nicht geklärt.
Bilder: (2)
top
Intelligenz

Über die Intelligenzbegabung von Glacium hominides gibt es widersprüchliche Berichte. Einerseits soll er Ansätze einer primitiven Religion zeigen (s. oben) und damit verbunden Moralvorstellungen und Selbstreflektion. Hinzu kommen Veröffentlichungen aus seiner Feder (s. rechts oben (3)). Auch in Bezug auf den alten Gedanken "Woher komme ich?" scheint einiges zu geschehen (s. unter "Phylogenie").
Auf der anderen Seite soll der gewöhnliche Schneemann selbst an basalen motorischen Anforderungen gänzlich scheitern (s. rechts unten (2)). Dies spricht für ein ausgeprägtes Frontalhirn, während das Kleinhirn möglicherweise stark verkümmert ist. Die Ursache für diese Defizite liegt möglicherweise in den langen Starre-Perioden. Daß überhaupt Denkprozesse stattfinden können und der Metabolismus nicht vollends kollabiert, ist bei der extrem niedrigen Körperkerntemperatur schon an sich verwunderlich.

top
Interspezifische Beziehungen

Offenbar gibt es einen Zusammenhang zu Santa claus, dem gemeinen Weichnachtsmann (s. rechts oben). Diese Lebensform mit ebenfalls starkem jahreszeitlichen Rhythmus zeigt auch einen Hang zu aggressiven Handlungen. Vor allem aber zu dessen unterdrücktem Leittier, Rangifer tarandus ssp. rudolfus (s. rechts unten), scheint Glacium hominides eine ausgeprägte Beziehung zu haben, möglicherweise fungiert er als Bindeglied zwischen diesen beiden Spezies, mit denen er offenbar gradezu freundschaftlich verkehrt.

Gerüchte über eine mögliche Verwandtschaft auf Grund des Habitus' zu Tirus truckus ssp. michelines (dem weit verbreiteten Michelinmännchen) sind ins Reich der Legenden zu verweisen.
Bild rechts oben: Mit Santa claus (1)
Bild rechts unten: Mit Rangifer sp. (1)



Quellen
1) unbekannte Quelle im Internet (tw. verändert)
2) Bill Waterson - Calvin and Hobbes (tw. verändert)
3) Angewandte Arzneimitteltherapie - Schneemann, Young, Koda-Kimble (Springer Verlag)

 

Sönke von den Berg, Dezember 2004


->..oftheweek..-Index
-> Disclaimer
-> top
Konzept und technische Umsetzung: