Teil 2/3
Lebensraum Salzwiese - Allgemeines
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oder: Was eine Salzwiese auszeichnet
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Teil 1: Salzwiesen - Teil 2: (Allgemeines) - Teil 3: (Tiere)
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Mechanismen: Übergang zwischen Watt und Salzwiese bei Westerhever
1. Allgemeines zum Wattenmeer...
2. ...und seinen Salzwiesen
3. Salzwiesentypen
4. Entstehung und Verbreitung
5. Zonierung
6. Ein besonderer Lebensraum?

 

Allgemeines zum Wattenmeer...

Das Wattenmeer der südlichen Nordsee erstreckt sich von der nordholländischen Insel Texel bis zur Ho-Bucht in Dänemark und ist mit einer Fläche von 8625 km2 (1,5% der Gesamtfläche der Nordsee) die größte zusammenhängende Wattlandschaft der Welt. Diese besondere Landschaftsform zeichnet sich durch einen sehr langsamen Abfall des Meeresbodens aus - oft sind es nur wenige Zentimeter pro Kilometer. Dies hat zur Folge, daß auch ein geringer Tidenhub schon weite Teile der Landschaft überflutet, bzw. sich eine schwache Senkung des Meeresspiegels sehr schnell bemerkbar macht.
Seinen Ursprung verdankt das Wattenmeer hauptsächlich dem Anstieg des Meeresspiegels nach der letzten Eiszeit (vor 120.000 bis 10.000 Jahren). Der Anstieg des Meeres wird als "Eustasie" bezeichnet. Zu dieser Zeit drang das Meer häufig, vor allem bei Sturmfluten, in das Land vor. So entstanden Flachwasserzonen in sand- und sedimentreichen Bereichen, die im Perm (vor ca. 120 Mio. Jahren) Mündungen von Urstromtälern waren. Damals verlief die Küste noch viel weiter im Norden, das heutige Nordseebecken gehörte zum Festland.
Die Flachwasserzonen standen bei Flut unter Wasser, bei Ebbe fielen sie trocken und wurden so durch stetige Ablagerungen zu Wattflächen.
Die Nordfriesischen Inseln sind Geestkerninseln. Dabei handelt es sich um Überreste einer alten Küstenlinie, die in den großen Sturmfluten des Mittelalters entstanden (siehe auch hier). Die Halligen sind erhöhte Marschbereiche, die in den Fluten von 1362 ("Große Mandränke" oder " 2. Marcellusflut") und 1634 ("Burchardiflut) dem Meer trotzen konnten, während das Umland "Land unter" war. Im Strömungsschatten der Inseln können aber auch neue Inseln entstehen. So ist Trischen durch Verschmelzen von Sandbänken entstanden.
Bei der Entstehung der Ostfriesischen Inseln gehen die Meinungen auseinander. Die Einen sehen in ihnen ebenfalls Reste einer alten, zurückgedrängten Küstenlinie, Andere wiederum halten Aufwerfungen von Sand an Stellen, wo sich die Wellen brach, für wahrscheinlicher (-> Platenbildung).
Wie dem auch gewesen sein mag, die friesischen Inseln und der flache Abfall der Küste wirken als Wellenbrecher und schützen so die Wattflächen der deutschen Küste vor starker Brandung.

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...und seinen Salzwiesen


Priel bei ablaufendem Wasser
Das Wattenmeer ist ein einzigartiger Lebensraum für viele Tiere und Pflanzen. Einige dieser Arten kommen ausschließlich dort vor. Allesamt sind sie Spezialisten, die sich an das Leben in diesem extremen Biotop angepaßt haben. Der ständige Gezeitenwechsel und die schwankenden, zeitweise sehr hohen, Salzgehalte sind Selektions- und Streßfaktoren, denen hier mit vielfältigen Überlebensstrategien begegnet wird.
Während man in den niedrigeren Teilen dieser Landschaftsform Sand- Misch- und Schlickwatt findet, gelingt es in den höheren, nicht so häufig und lange überfluteten Bereichen, Pflanzen, Fuß zu fassen - eine Salzwiese entsteht.

Zu- und Ablauf des Wassers erfolgt über Priele, die Watt und Salzwiesen durchziehen. Einige sind so groß, daß sie selbst auf Landkarten erkennbar sind.

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Was für Salzwiesen-Typen gibt es?
Man unterscheidet mehrere Typen von Salzwiesen, dir drei wichtigsten sollen hier kurz erläutert werden:

  • küstengebundene Sandsalzwiesen: sie sind im Schutz von Sandbänken und Dünenzügen durch Sedimentation und Sandflug auf der Wattseite der Düneninseln entstanden. Die aufliegende Schlickschicht ist sehr dünn. Häufig entwickeln sie sich im Übergangsbereich zu Dünen.
    z.B.: Trischen, Westküste von Eiderstedt, Sylt, Amrum
  • Vorland-Salzwiesen: hierbei handelt es sich um Schlicksalzwiesen. Sie sind liegen meist vor dem Deich und sind durch Landgewinnungsmaßnahmen (z.B. der Anlage von Lahnungen), aber auch durch ihre natürliche Lage an Schwemmlandküsten entstanden entstanden. Charakteristisch für Vorlandsalzwiesen ist eine mächtige Schicht tonreichen Sediments. In der Regel sind sie durch menschliche Eingriffe geprägt.
    z.B.: der überwiegende Teil der Salzwiesen im Nationalparkgebiet, z.B. Trischen-Damm
  • Ästuar-Salzwiesen: diese entstehen in den geschützten Lagen im Brackwasserbereich von Flussdeltas. Charakteristisch für diesen Salzwiesen—Typ sind nährstoffreiche Böden aus feinem Sediment. Dieser Salzwiesentyp ist weltweit am häufigsten vorzufinden.
    z.B.: Eiderästuar, Neufelder Vorland der Elbmündung
Anmerkung: unter einer Lahnung versteht man eine Uferschutzanlage. Sie besteht meist aus Holzpflöcken, zwischen die Gestrüpp geschnürt wird. Diese werden in Ufernähe im Meeresboden verankert und halten Sedimente zurück, welche bei Flut angeschwemmt werden. Lahnungen dienen sowohl der Sedimentation und Aufschlickung als auch dem Schutz des Bodens gegen starke Erosion bei Sturmfluten.
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Wie Salzwiesen entstehen und wo man sie findet

Ursprünglich waren Salzwiese und Watt der natürliche Übergang zwischen Land und Meer. Diese Lebensräume wurden jedoch bis heute durch
Bei flachem Meeresboden reicht schon ein geringer Tidenhub für die Überflutung weiter Bereiche
Landgewinnungsmaßnahmen und Deichbau stark dezimiert.
Zur Entstehung einer Salzwiese bedarf es mehrerer Gegebenheiten:

  1. eines gemäßigten Klimas
  2. eines flachen Meeresbodens, der zum Land hin nur allmählich ansteigt
  3. eines Tidenhubes, der mehrere Meter beträgt und so weite Bereiche überfluten kann
  4. eines Küstenraumes, der sich senkt bzw. eines Meeresspiegels, der nur allmählich ansteigt – nur so können ständig neue Sedimente abgelagert werden
  5. Strömungen, deren Stärke nicht ausreicht, um die abgelagerten Sedimente wegzuspülen
  6. eines flachen Hinterlandes.

Man bringt den Begriff „Salzwiese“ überwiegend mit den Küstenregionen der mittleren und nördlichen Breiten in Verbindung, da in den Tropen und Subtropen überwiegend Mangrovenwälder auftreten. Dennoch verfügt jeder Kontinent über flache Gezeitenküsten, die Halophyten und eine Salzwiesen-Vegetation aufweisen. Dieser Lebensraum ist also nicht ausschließlich auf die Nordsee beschränkt. Einige Beispiele für Salzwiesen sind:

  • die arktische Salzwiese
  • Salzwiesen des Mittelmeerraumes
  • Salzwiesen im pazifischen Raum (in Japan, Sibirien und China)
  • Salzwiesen Australiens und Tasmaniens
  • Salzwiesen an der Ost- und Westküste Nordamerikas
Dennoch ist jede Salzwiesengruppierung durch die Kombination von Klima, Flora, Fauna, und geomorphologischen Faktoren einzigartig.
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Zonierung der Salzwiese nach Heydemann (1997)

Auch Salzwiesenpflanzen sind nicht alle gleich gut an Streßfaktoren wie Salinität und Sauerstoffmangel angepaßt, und auch auf der Salzwiese variiert das Ausmaß dieser Belastung. Einige Bereiche liegen höher, anderen niedriger, einige weiter hinten, andere näher am Meer. Die Pflanzen siedeln sich in dem für sie optimalen Bereich an. So kommt es zu einer sog. Zonierung des Pflanzenwuchses, welche eine Schlußfolgerung auf die Streßadaptation der jeweiligen Pflanzen erlaubt.

Man kann hier im engeren Sinne zwischen drei Vegetationstypen unterscheiden, welche sich durch Zeigerpflanzen auszeichnen. Dabei steht außen/innen und unten/oben für die Bereiche einer Zone, die mit der benachbarten verzahnen. Es gibt immer Übergänge, einen graden Strich zwischen einzelnen Zonen kann man nicht ziehen. Im weiteren Sinne spielen auch noch Watt, Deich und Dünen in dieser Zonierung eine Rolle. Man unterscheidet also zwischen:

a) Watt: dieses Übergangsgebiet zwischen Meer und Land wird beim mittleren Hochwasser (MHW) in jedem Falle überschwemmt und fällt bei mittlerem Niedrigwasser (MNW) wieder trocken. Erst 40 – 25 cm unterhalb des MHW sind die ersten Landpflanzen zu finden

b) äußerer und innerer Quellerzone: hier werden 500 - 700 Überschwemmungen pro Jahr verzeichnet. Die Salinität liegt bei ca. 26%. An höheren Pflanzen wachsen hier nur Salicornia europaea (Queller) und Spartina anglica (Schlickgras)

c) unterer und oberer Andelzone: Diese Zone wird 250 – 70mal jährlich überflutet, die Salinität bewegt sich zwischen 20% und 26%. Charakteristische Pflanzen sind: Puccinellia maritima (Andel), Triglochin maritimum (Strand-Dreizack), Artemisia maritima (Strandbeifuß), Atriplex littoralis (Strandmelde), Aster tripolium (Strandaster) und Cochlearia spec. (Löffelkraut)

d) unterer und oberer Rotschwingelzone: hier gibt es nur 35 - 70 Überflutungen pro Jahr. Bei einer Salinität von 20% - 5% siedeln sich in der Rotschwingelzone Festuca rubra (Rotschwingel), Plantago maritima (Strandwegerich), Glaux maritima (Milchkraut), Artemisia maritima (Strandbeifuß), Limonium vulgare (Strandnelke) und Agropyron littorale (Strandquecke) an.

e1) Dünen: man unterscheidet zwischen der Primärdüne, welche hauptsächlich von Agropyron junceum (Binsen-Quecke) besiedelt wird; der Weißdüne mit Ammophila arenaria (Strandhafer) als Hauptvegetation; der Graudüne, auf der überwiegend Carex arenaria (Sand-Segge) wächst und der Braundüne, deren Endstadium der Vegetation der Wald ist.
Diese Dünentypen werden nach Alter, pH, Vegetation und dem Mineralstoffgehalt unterschieden.

e2) Deich: alternativ zu den Dünen kann auch ein Deich vorkommen, dieser ist jedoch durch Menschenhand entstanden, also anthopogen. Der Deich wird höchstens bei extremen Springfluten überschwemmt. Dies kommt äußerst selten vor, weshalb sich hier die Pflanzen der Süßwiesen, sogenannte Glycophyten, etablieren können.

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Was macht Salzwiesen zu einem besonderen Lebensraum?


Salzwiese bei Ebbe...
... und Flut
Salzwiesen erfüllen eine wichtige Funktion als natürliche Wellenbrecher, Sedimentationsräume vor den Deichen und vor allem als natürlicher Lebensraum und Refugium für spezialisierte Organismen.
Zwar leben in den Salzwiesen nur vergleichsweise wenige Organismen, jedoch ist es für diese ein günstiger und reichhaltiger Lebensraum, da das Wasser und die angeschwemmten Sedimente große Mengen organischer Substanz und somit Phosphor und Stickstoff transportieren. Zusätzlich steht auch reichlich Kalk in Form zerriebener Schneckenhäuser und Muschelschalen zu Verfügung.
Doch um diese Vorteile nutzen zu können, müssen die Pflanzen und Tiere, die dort leben, erst einmal so einige Probleme meistern:

 

  1. eine stark erhöhte Bodensalinität
  2. Trockenstreß der durch die Bodensalinitat verursacht wird
  3. Erhöhte Transpiration durch starke Sonneneinstrahlung und Wind
  4. eine starke mechanische Belastung durch die Wassersäule bei Flut
  5. mehrstündiger Sauerstoffmangel während der Überflutung
  6. Gifte im anaeroben Boden
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Quellen (Zugriff: 02/2005)
http://www.hochschulstellenmarkt.de/info/w/wa/wattenmeer.html
http://marvin.sn.schule.de/~tzl/fb/inform/unterrichtsprojekte/nokuste/seite1.htm
http://www.erft.de/schulen/ggb/salzw/swbed.html
http://www.hh.shuttle.de/hh/mbs/downloads/sylt_2003.pdf
http://www.uni-kiel.de/Geographie/lehrv_online/Pellworm/pellwormcd/karen/karen.html
http://people.freenet.de/kleiner-tigger/nordsee.pdf
http://botanischergarten.wilhelmshaven.de/infoblaetter/salzwiese.pdf
http://de.wikipedia.org/wiki/Lahnung
http://www.wattenmeer-nationalpark.de/main.htm
Künnemann, Thorsten-D.; „Überleben zwischen Land und Meer – Salzwiesen- “, Hrsg.: Isensee, 1997
Fotos
Christiane von den Berg (geb. Pech)

 

Christiane von den Berg (geb. Pech), Februar 2005


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