Teil 1/2 |
Ethik allgemein oder die Moral von der Geschicht'
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Teil 1 Ethik allgemein - Teil 2: Ethikmodelle
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Themen:
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Ethik, Moral, Politik | |
Warum Ethik | |
Formen der Ethik | |
Gut/schlecht vs. richtig/falsch | |
Kausale Argumentation | |
Ursprung der Ethik | |
Ethik in der Geschichte | |
Ärztliche Ethik |
Häufig werden Ethik und Moral synonym verwendet, obwohl dies nicht zutrifft. Im Duden wird zwar beides mit "Sittenlehre" übersetzt, jedoch handelt es sich, streng genommen, bei der Moral um die "Verhaltensnormen einer menschlichen Gemeinschaft", die "den geltenden Sitten entsprechen" und "allgemein anerkannt sind". Unter Ethik hingegen versteht man die "Wissenschaft von der Moral", die "Diskussion über im Voraus angenommene Normen und Werte".
Erst die Gesellschaft mit anderen Menschen macht uns zu richtigen Menschen, zum zóon politicón (von zóon für Tier und polis für Stadtstaat), wie Aristoteles es formuliert. Dabei ist der Staat die höchste Form der Gemeinschaft. Der Lehre, wie der einzelne Mensch sein Leben zu führen habe (Ethik) stand die Frage, wie ein Staat zu führen sei (Politik) sehr nahe. |
Bevor genauer auf Ethik an sich eingegangen werden soll stellt sich zunächst einmal die Frage, warum Ethik wichtig ist. Weswegen sollte man sich, im Besonderen als Wissenschaftler, über Ethik Gedanken machen?
Neben der Rechtfertigung vor sich selbst ist auch die Position des Wissenschaftlers in der Gesellschaft von Bedeutung. Hierzu sagt Blumer (1), dass die Ablehnung ethischer Überlegungen zu einer moralisierenden Haltung der Öffentlichkeit führen kann, die wiederum in undifferenzierter und kategorischer Ablehnung gegenüber zukünftigen Handlungen des Forschers münden kann. Insbesondere bei in der Öffentlichkeit kontrovers diskutierten Themen wie dem Einsatz der Genetik (Transgene Tiere und Pflanzen) oder der Versuchstierkunde kann die Vernachlässigung einer ethischen Abwägung fatale Folgen haben, ganz abgesehen davon, dass sie teilweise gesetzlich vorgeschrieben ist (z.B. TSchG §7 Absatz 3). Im Folgenden werden einige ethische Konzepte vorgestellt, wobei das Hauptaugenmerk auf der Ethik des Abendlandes liegt. |
Gut ist nicht gleich richtig, schlecht ist nicht gleich falsch. Man kann eine gute Absicht haben (einer alten Frau über die Straße helfen), wobei die Tat aber falsch ist (die Frau vor einen LKW schieben). Anders herum kann man eine schlechte Tat (der Mord am Erbonkel) richtig ausführen (keiner merkt es). Gut & schlecht beziehen sich auf die Absicht des Handelnden, während richtig & falsch die Handlung an sich beschreiben. |
In Bezug auf die Folgen einer Argumentation lassen sich zwei verschiedene Grundeinstellungen definieren. Ein Beispiel ist die Diskussion um 9-11, der Zerstörung des World Trade Centers. Im Nachhinein wurde diskutiert, ob man in Zukunft fehlgeleitete Flugzeuge mit Gewalt abfangen dürfe. Deontologie Teleologie In Amerika werden künftig Flugzeuge abgeschossen, wenn ein terroristischer Akt nicht anderweitig verhindert werden kann, es wird also teleologisch argumentiert. |
Die Ethik geht wie so vieles auf die alten griechischen Philosophen zurück. Als der erste Philosoph, der sich vor allem ethischen Fragestellungen widmete, gilt Sokrates (470-399 v.Chr). "Der richtige Lebensweg" war sein Hauptthema. Man konnte Sokrates' Art, über Moral zu sprechen noch nicht der Philosophie zurechnen, es war eher eine angewandte Ethik, in der er über "Was-ist-Fragen" dem Wesen der Dinge näherkommen wollte. Wenn er zum Beispiel im Gespräch mit einem Bürger zu dem Ergebnis kam, dass jemand "tugendhaft" sei, so war daraufhin Sokrates' Frage "Was ist Tugend?". Damit regte er seine Mitmenschen dazu an, sich dem eigentlichen Wesen der Dinge zu widmen, in diesem Falle zu fragen, was die wahre Natur von "Tugend" ist. |
In den Anfängen stand primär die Diskussion über die Rolle des Menschen in der Gesellschaft, sie stellte also den Menschen in das Zentrum, war anthropozentrisch. Im späteren Verlauf stellten sich zunehmend die Frage, welche Rolle das Tier, bzw. die belebte Natur einnimmt oder ob auch die unbelebte Natur in die Betrachtungen eingeschlossen werden sollten. Dabei sind grundsätzlich zwei Standpunkte zu unterscheiden (s. Bild links unten), die im nächsten Text weiter erläutert werden.
![]() Ethische Modelle verändert nach (1) Der Unterschied der beiden Hauptrichtungen liegt im "moralischen Status" oder dem "Eigenwert". Der Eigenwert gibt einem Ding (sei es belebt oder unbelebt) einen höheren Wert als nur den innewohnenden Sachwert. Ein alter Teddy, dem schon ein Auge fehlt und das linke Ohr zerfetzt absteht hat vielleicht einen sehr geringen Sachwert. Doch wenn es das erste Kuscheltier ist, so steigt der Eigenwert ins Unermessliche. Noch drastischer kann dies bei Tieren auftreten. Der Eigenwert kann dabei auf verschiedenen Prinzipien beruhen. Der Mensch nimmt eine Sonderposition ein, da er als einziger in jedem ethischen Model einen Eigenwert zugesprochen bekommt. Sobald einem Ding ein Eigenwert "verliehen" (manche sagen: "anerkannt") wird, hat man diesem gegenüber direkte moralische Verpflichtungen. Es ist damit besonders schützenswert und darf nicht ohne besonderen Grund beeinträchtigt oder zerstört werden. Indirekte Verpflichtungen hingegen hat man gegenüber Dingen, die einen Sachwert haben (zum Beispiel auf Grund von Eigentumsrechten anderer Menschen an diesem Ding). |
![]() "Für Abtreibung bin ich nur bei meiner Freundin" - Cartoon, der manchen Gruppierungen eine Doppelmoral bei der Abtreibungsdebatte unterstelltEinen Sonderfall der anthropozentrischen Ethik vornweg: die ärztliche Ethik. Ihren Ursprung nahm diese bei Hippokrates (*um 460 v.Chr), der den Quell eines gesunden Lebens in einem maßvollen Lebenswandel sah. Extreme Lebenswandel würden den Körper entgleisen lassen und damit das physische, aber auch das psychische Gleichgewicht stören. Seine Schüler ließ er einen Eid schwören, den Hippokratischen Eid:
Die Kernpunkte dieses Eides, die auch heute noch für rege Diskussion sorgen, sind Euthanasie (aktive Sterbehilfe, wo wiederum die Grenzziehung zwischen aktiver und passiver Sterbehilfe durch Unterlassung nicht einfach zu ziehen sind; siehe auch den Fall Teri Shiavo) und Abtreibung (die §218-Diskussion), während die Schweigepflicht nicht zur Debatte steht, sondern als selbstverständlich gilt. |
Fortsetzung...
Die wichtigsten anthropozentrischen und physiozentrischen Ethikmodelle werden im kommenden OTW behandelt. |