Im Physiozentrismus ist der moralische Status auf mehr oder weniger große Bereiche der Natur ausgedehnt. Der augenscheinlichste Punkt ist dabei der Grad dieser Ausdehnung.
Im Verlauf der Geschichte steigert sich die Integration jedoch nicht von einer sehr eingeschränkten bis zu einer totalen Integration allen Lebens, wie dies vielleicht erwartet werden könnte.
Holismus (Deep-ecology-Bewegung)
Der radikalsten Weg der Integration wird im Holismus beschritten. Die gesamte Natur inklusive deren unbelebte Teile wird hier der moralischen Gemeinschaft beigefügt. Das grundlegende Prinzip ist der Pantheismus, wie er in verschiedenen Philosophien gefunden wird:
- "Gott lebt in Allem" (Buddhismus)
- "Alles lebt in Gott" (Spinoza)
- "Dao - der richtige Weg" und das "Weltprinzip" (Taoismus).
Das moralisch relevante Kriterium (falls es so etwas beim Holismus gibt) wäre damit das Sein an sich.
Radikaler Biozentrismus
Albert Schweitzer (14.01.1875 - 04.09.1965) gilt als der wichtigste Vetreter des radikalen Biozentrismus. Seine Ethik wird auch als die "Ethik der Ehrfurcht vor dem Leben" bezeichnet. Schweitzer sieht eine Rechfertigungspflicht gegenüber jeglicher Form des Lebens bis hinunter zu den Einzellern und Pflanzen. Zudem war ihm alles Leben gleich viel wert, der radikale Biozentrismus differenziert nicht zwischen einem Mord an einem Menschen und dem an einem niederen Tier. Die unbelebte Natur schließt er jedoch aus.
Die moralisch relevante Eigenschaft ist damit das Lebendigsein. Er bezeichnete sich selbst als einen Massenmörder, weil er als Arzt Menschen impfte und damit Millionen von Bakterien tötete. Die Schuld, die er damit auf sich laden würde, sei nicht zu rechtfertigen (er argumentierte deontologisch). Aber er sagte auch "Ich bin Leben, das leben will inmitten von Leben, das leben will". Schweitzer war sich durchaus der Ausweglosigkeit seiner eigenen Ethik bewußt, nach der man sich im Leben zwangsläufig schuldig machen mußte.
Zoozentrismus
Der Zoozentrismus grenzt den Kreis des Schützenswerten auf die Tiere ein, damit fallen Pflanzen, Pilze und Bakterien aus diesem Bereich heraus. Diese Einstellung wird häufig von Tierschutzaktivsten vertreten. Die moralisch relevante Eigenschaft ist die Autonomie (wie es sich dabei mit sessilen Tieren verhält sei dahingestellt) und das speziesspezifische Interesse.
Pathozentrismus
Auf Jeremy Bentham (1748-1832) geht der Kernsatz des Pathozentrismus zurück: "Die Frage ist nicht: Können sie denken? oder: Können sie sprechen? sondern: Können sie leiden?". Die moralisch relevante Eigenschaft ist damit die Leidensfähigkeit, die zu einer Abgrenzung leidensfähiger Tiere von der übrigen Natur führt. Für gewöhnlich schließt dies die Tiere mit einem zentralen Nervensystem ein, also die Wirbeltiere. Nicht zum Leiden befähigte Tiere sind damit ethisch irrelevant. Wie es um die hochentwickelte Evertebraten wie die Cephalopoden steht, die nicht über ein ZNS verfügen (sondern über verschmolzene Zerebralganglien) steht zur Diskussion offen, sollten sich diese als Leidensfähig erweisen, so müßte die Gruppe der Wirbeltiere um die Kopffüßer erweitert werden.
Im Tierschutzgesetz werden Cephalopoden und Decapoden rechtlich näher an die Wirbeltiere gerückt (TSchG §8a Absatz 1: " Wer Tierversuche an Wirbeltieren, die nicht der Genehmigung bedürfen, oder an Cephalopoden oder Dekapoden durchführen will...").
Peter Singer
Die Bücher "Animal Liberation" und "Praktische Ethik" von Peter Singer (*1946) lösten eine Welle der Empörung aus. Singer vertritt im Prinzip einen pathozentrischen Standpunkt. Zudem zeigt sich in seiner Position ein sogenannter Präferenz-Utilitarismus oder Hedonistischer Utilitarismus. Dessen Ziel ist es, mit einer möglichst universalistischen Ethik eine möglichst einfache Begründung zu erreichen, um "unparteiische und maximale Befriedigung von Präferenzen, d.h. Wünschen und Interessen" zu erreichen (Präferenz U.; 3: S. 462) oder zu einer Maximierung der Lust zu gelangen (Hedonistischer U.; 1). Eine Handlung ist demnach moralisch vertretbar, wenn eine größtmögliche Präferenz oder Lust erlangt wird. Dabei legt Singer großen Wert darauf, dass die Entscheidung unabhängig von der Art getroffen wird, da er eine solche als "Speziezismus" (Speciecism) bezeichnet und ablehnt. Die moralisch relevante Eigenschaft ist das "Person-sein".
Dabei unterteilt er die Menschen nochmals in zwei Klassen: Angehörige der Homo sapiens (mündige, gesunde Menschen) und Personen (Kinder, Behinderte, Demente). Personen sind nach Singer Individuen mit Selbst-Bewußtsein, Zeit-Bewußtsein und damit auch der Fähigkeit, Pläne in Bezug auf die
Grad der Integration - von Innen nach Außen bekommen immer größere Teile der Natur einen Eigenwerteigene Zukunft zu haben. Die Wirbeltiere werden in drei Klassen unterteilt: Tiere die mit Sicherheit Personen sind (höhere Primaten), Tiere, die vielleicht Personen sind (niedere Primaten, höhere Wirbeltiere) und Tiere, die mit Sicherheit keine Personen sind (niedere Wirbeltiere), aber empfinden können. "Nur" empfindende Wesen (Nicht-Personen) sind anders als Personen zu behandeln, da sie keine Zukunft für sich "sehen" und damit keine Präferenz, kein Interesse an dieser haben, sie leben im Augenblick. Das Problem, dass sich dabei hinsichtlich mancher Gruppen ergibt (Säuglinge sehen sich nicht als in der Zeit stehend und haben demnach keine Präferenz), umgeht Singer mit der Argumentation, dass diese potentielle Personen sind, also mit großer Wahrscheinlichkeit Präferenzen entwickeln werden.
Gemäßigter Biozentrismus
Im gemäßigten Biozentrismus ist die gesamte belebte Natur schützenswert. Zwischen den Arten wird gemäß ihrer Entwicklungsstufe jedoch differenziert. Der Mensch ist bei dieser pyramidenhaften Anordnung über allen anderen Lebewesen zu schützen, aber bis hinunter zu den Wirbellosen und Pflanzen wird ein moralischer Status anerkannt. Einen Eingriff in das Leben der Arten wird mit zunehmender Organisationshöhe auch zunehmend schwer zu rechtfertigen. Die unbelebte Natur wird im gemäßigten Biozentrismus ausgeschlossen. Die moralisch relevanten Eigenschaften sind damit Lebendigsein, aber auch die die Höhe auf der Scala naturae.