Bombycilla garrulus oder der Seidenschwanz
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Reich Animalia

Fliegender Seidenschwanz (ventral) (1)
Stamm Chordata
Klasse Aves
Ordnung Passeriformes
Familie Bombycillidae
Maße Länge: ca. 18 cm, Spannweite: 32-35 cm, Gewicht: 45-70 g
Vorkommen Nördliches Skandinavien und Sibirien
Besonderheiten In Deutschland seltener Invasionswintergast
Schutzstatus nicht geschützt

 

Allgemeines

Früher galten die Seidenschwänze als Boten des Unglücks. Man hielt sie für Vorboten der Pest (daher der volkstümliche Name "Pestvogel"). Dies mag daran liegen, dass der Seidenschwanz in unseren Gefilden ein unregelmäßiger Gast aus dem Norden und dem Osten ist. Nur in besonders strengen Wintern "verirrt" er sich zu uns, so auch im Winter 2004-2005. Dies geschieht recht selten, nach Johannes Thiery vom Staatlichen Forstamt Clausthal nur ca. alle 20 Jahre (2). Die Invasion 04/05 ist laut dem NaBu (Naturschutz Bund) die stärkste seit Jahrzehnten. In den letzten 50 Jahren hat die Zahl der jährlich zugenommen. In Hamburg werden die Sichtungen schon seit einigen Jahrzehnten dokumentiert, der diesjährige Zustrom liegt dort mehr als dreimal über den Höchstständen der Vorjahre (3).

So titelten die Zeitungen dieses Jahr auch "Invasion sibirischer Vögel", "Besuch aus dem Norden", "Braunschweig statt Sibirien: Seidenschwänze in Massen" und sogar "Ruf der Seidenschwänze klingt wie ein Handyklingeln". Dabei sollte man aber wissen, dass nicht der einzelne Ruf das "Handy" ausmacht, sondern das Zusammenspiel vieler einzelner Rufe. Ein Audiobeispiel kann man hier oder hier finden.
rechts: Spektogramm des Rufes eines einzelnen Seidenschwanzes (a)
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Habitus

Der starengroße Vogel ist recht auffällig. Vor allem der Umstand, ihn meist in größeren Schwärmen, oft mitten in der Stadt in Parkanlagen, aber auch in Straßenschluchten und auf Dächern zu sehen, fällt auf. Doch auch das einzelne Tier ist ein recht ungewohnter Anblick mit seiner Haube auf dem Kopf und den grellen roten Flecken an den Flügeln. Das Gefieder ist von beige-grauer Färbung. Die Adulten haben ein schwarzes Lätzchen unter den dunkelen Schnäbeln. Von den Augen bis zum Hinterkopf verläuft ein schwarz gefärbter Strich.
Über die Handschwingen verlaufen weiße Linien, die Außenseite ist gelb gefärbt. Die Steuerfedern des Schwanzes verlaufen von hell nach dunkelgrau, um an den Spitzen plötzlich in eine grell gelbe Färbung überzugehen. Der dorsale Teil des Schwanzes ist braun-rot. An den Spitzen der Armschwingen befinden sich neon-rote Plättchen, die wirken als wären sie aus Kunststoff, welcher ihnen den englischen Namen (Bohemian) Waxwing eingebracht hat. Dabei handelt es sich jedoch keineswegs um Wachs, sondern vielmehr um Verlängerungen der Federnschäfte. Diese Plättchen sind bei jungen Weibchen am schwächsten, bei adulten Männchen am stärksten ausgeprägt.
Zwischen männlichen und weiblichen Tieren gibt es nur einen sehr geringen Geschlechtsdimorphismus in der Färbung (bei den Männchen ist diese auffälliger).

Es folgen einige (leicht nachbearbeitete) Aufnahmen, bei denen man dem Modell verzeihen möge, nicht mehr sehr ordentlich ausgesehen zu haben, hatte er doch schon einige Zeit an seinem Fundort verweilen müssen, bevor ich ihn fand (er war tot). Seidenschwänze werden bis zu zwölf Jahre alt.

Bild a): Haube liegt dem Kopf an, kann bei genauerer Betrachtung jedoch ausgemacht werden; Augenmaske und bei adulten Tieren vorhandenes Lätzchen
Bild b): Namensgebende "Waxwings" am Übergang von Arm- in Handschwinge, letztere mit hellen Strichen.
 
Bild c) Dorsale Ansicht der Schwanzregion.
Bild d) Ventrale Ansicht der Schwanzregion.
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Ernährung

Vor allem Beeren bilden die Nahrungsgrundlage für die Seidenschwänze vor Ort, d.h. in Deutschland. Angepflanzte Bäume in Straßenzügen, Parks sind somit ein gern besuchter Ort. So ernähren sie sich von Mehlbeeren (Sorbus aria), Eberesche (Sorbus aucuparia) und Weißdorn (Crataegus spec.), aber auch von Sträuchern wie Hagebutte (Rosa canina), Liguster (Ligustrum vulgare), Sanddorn (Hippophae rhamnoides) und Schneeball (Viburnum spec.). Häufig finden sich die Kerne der verzehrten Früchte sowohl unter dem Ort der Nahrungsaufnahme, als auch unter ihren Ruheplätzen.
Zur Brutzeit jagen die Vögel zudem auch im Flug Insekten, wahrscheinlich, um den erhöhten Proteinbedarf zu sättigen.

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Fortpflanzung und Verhalten

Während des Balzverhaltens überreicht das Männchen dem Weibchen Beeren oder Ameisenpuppen. Diese werden jedoch nicht gefressen, sondern dem Männchen zurückgegeben. Dieses Hin- und Herreichen wird mehrmals wiederholt. Begleitend flattern die Tiere, lassen die Flügel hängen und spreizen die Haube ab.

Die Brutzeit beginnt in Mai oder Juni. Seidenschwänze brüten nicht in Deutschland, sondern in großen Korniferenwäldern im nördlichen Skandinavien und der Taiga Sibiriens. Das Nest wird vor allem vom Weibchen aus Zweigen, Moos und Pflanzenfasern gebaut. Zu einem Gelege gehören vier bis sechs Eier. Sie sind ca. 24mm x 17mm groß und blass-bläulich mit grauen und schwarzen Flecken. In den ca. zwei Wochen Brutdauer sitzt das Weibchen alleine auf dem Nest. Geschlüpfte Junge werden von beiden Elternteilen gefüttert. Nach weiteren zwei bis zweieinhalb Wochen werden die Jungtiere flügge.

Schwarm auf der Rückkehr von den Futterplätzen (Mehlbeerbäume am Straßenrand) zu den Ruheplätzen...
.. den Dachfirsten und, mit großer Vorliebe, den Antennen auf den Dächern. (*)
Selten sieht man bei uns Seidenschwänze allein. Meist kommen Schwärme vor, die gemeinsam von Futter- zu Ruheplätzen ziehen.
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Sichtungen von Seidenschwänzen
Sichtungen von Seidenschwänzen werden landesweit dokumentiert. In diesem Jahr hat der NaBu verstärkt zu Meldungen aufgerufen (4). Verschiedene Internetseiten bieten eine Kontaktmöglichkeit, um so in der Ornithologie tätig zu werden, so unter anderem der NaBu Braunschweig oder die Seite der Familie Thamm.
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Quellen

2) http://www.thamm-online.de/ornis/seidenschwanz/
3) http://www.ornithologie-hamburg.de/html/seidenschwanz.htm
4) http://www.nabu-braunschweig.de/faunistik.htm
http://mbgnet.mobot.org/sets/taiga/animals/waxwing.html
http://www.garden-birds.co.uk/birds/waxwing.htm

Fotos & Abbildungen

1) Alle Bilder: Sönke von den Berg bis auf (*) Christiane Pech - Alle Fotos entstanden in der Südstadt von Hannover zwischen dem 11.01. und dem 17.01.2005
a) erstellt mit Batsound Pro v 3.31

Weitere Bilder sind auf folgenden Webseiten zu finden:

http://www.nabu-braunschweig.de/faunistik.htm
http://www.ornithologie-hamburg.de/html/seidenschwanz.htm
http://www.vogelfotos-grass.de/aktuelles/2005/12_seidenschwaenze_kraniche_obertshausen_2.htm

 

Sönke von den Berg, April 2005


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Konzept und technische Umsetzung:
Bilddarstellung: Lightbox 2.X by Lokesh Dhakar