Ricinus communis oder die Rizinusstaude (Wunderbaum)
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Reich Plantae
Abteilung Spermatophyta (bedecktsamige Pflanzen)
Klasse Dicotyledonae (Zweikeimblättrige)
Ordnung Euphorbiales
Familie Euphorbiaceae
Maße kann unter idealen Bedingungen bis 13m Höhe erreichen
Vorkommen ursprünglich in Nordost-Afrika und dem Nahen Osten, heute in vielen Ländern als Zierpflanze
Besonderheiten Samen enthalten Rizin, eines der giftigsten Pflanzeninhaltsstoffe
Schutzstatus nicht geschützt

Allgemeines zur Pflanze...

Die Herkunft des Namens Ricinus wird unterschiedlich interpretiert: Entweder stammt er vom griechischen rikinos (= rundlich) ab, oder vom lateinischen ricinus (=Zecke), wegen der Ähnlichkeit der Samen mit diesem Insekt. Im Volksmund wird die Pflanze als „Wunderbaum“ bezeichnet, weil sie innerhalb weniger Monate 1 ein bis zwei Meter wächst.
In tropischen und subtropischen Breiten wird Ricinus communis bis 13m hoch. In gemäßigten Breiten ist die Pflanze einjährig bei einer Höhe von ein bis drei Meter.

 
Abb.2 - rechts oben: Proteinstruktur von Ricin
Abb.3 - rechts unten: Blüten
Die Blätter sind handförmig, fünf bis elffach gelappt und grünlich bis rötlich gefärbt. Sie sind langgestielt und stehen wechselständig. Die Früchte sind dreifächrige, weichstachlige oder glatte Kapseln mit drei Samen. Diese sind von einer harten, bräunlich marmorierten Schale umgeben und enthalten das hochgiftige Protein Rizin (Abb.2).
Der Wunderbaum blüht von August bis Oktober mit unscheinbaren grüngelben Blüten in endständigen Rispen.
Die männlichen Blüten stehen büschlig gehäuft unter den endständig, gestielten weiblichen Blüten (Abb.3).
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...und zur Anwendung in verschiedensten Bereichen
Ricinus communis gehört zu den ältesten Heilpflanzen der Menschheit. Die erste schriftliche Erwähnung findet sich im ägyptischen Papyrus Ebers aus der Zeit 1500 v. Chr. wieder.
In der Medizin wird Rizinusöl als Abführmittel eingesetzt. Es wird aus den Samen der Pflanze durch Pressen ohne Wärmezufuhr (Kaltpressung) gewonnen. Die Samen besitzen eine Ölgehalt von 40-50%.
Die Wirkung setzt nach Einnahme von ca. 10 bis 30ml nach zwei bis vier Stunden ein. Im Dünndarm wird die eigentlich wirksame Rizinolsäure freigesetzt. Diese führt zu einer Reizung der Darmschleimhaut und einer Sammlung von Wasser im Darm, wodurch sich die abführende Wirkung erklären lässt.
Rizinusöl findet aber auch Anwendung in der chemischen Industrie als Weichmacher, der Technik als Hydrauliköl sowie in der dekorativen Kosmetik als Grundstoff z.B. für Lippenstifte.
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Rizin - ein toxisches Protein
Rizin gehört neben Abrin aus der Paternostererbse (Abrus precatuorius) zu den gifigsten Pflanzeninhaltstoffen. Es wurde 1888 von Herman Stillmark entdeckt und benannt. Er erkannte, dass es unter anderem zur Verklumpung von Erythrozyten führt.
Das gegen Verdauungsfermente stabile Protein Ricin besteht aus zwei durch eine Disulfidbrücke verbundene Untereinheiten. Die sogenannte A- Kette ist der wirksame Bestandteil. Sie wirkt als Ribosomen-inaktivierendes Protein und inhibiert dadurch die Proteinbiosynthese, indem sie von der 28S ribosomalen RNS einen Adeninrest abspaltet (Endonuclease- Aktivität). Die B- Kette bindet an Rezeptoren der Zelloberfläche und ermöglicht die Aufnahme des Toxins ins Cytosol.
In den Samen von Ricinus communis sind etwa 0,15% Ricin enthalten.
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... und seine Wirkung

Vergiftungserscheinungen beginnen nach einer symptomfreien Latenzzeit von einigen Stunden bis zwei Tagen und hängen von Aufnahmeweg und Dosis ab. Oral aufgenommenes Ricin verursacht schwere gastroenterologische Störungen mit blutigen Durchfällen, Krämpfen und Koliken. Ricin ruft außerdem großflächige Nekrosen der Magen- und Darmschleimhaut sowie von Leber und Nieren hervor. Im finalen Stadium werden tonisch-klonische Krämpfe beobachtet. Der Tod tritt nach drei bis fünf Tagen ein.
Über die Atemwege als Aerosol inhaliertes Ricin verursacht innerhalb von acht Stunden erste Symptome: Atemnot, Fieber, Husten, Erbrechen und schließlich Atemversagen und Kreislaufkollaps führen nach 36-72h zum Tod.
Die letale Dosis, bei der 50% der Versuchstiere sterben (LD50), beträgt 3µg/kg Körpergewicht nach Inhalation und 20mg/kg nach oraler Aufnahme.
Die Samenschalen sind ungiftig und wirken leicht abführend, daher werden Vergiftungen nur bei intakter Samenschale überlebt. Das aus Ricinus communis gewonnene Rizinusöl, welches abführend wirkt, ist ebenfalls ungiftig. Das Ricin verbleibt, da es nicht fettlöslich ist, in den Pressrückständen.
Ricin gilt als biologischer Kampfstoff und ist in der Liste der verbotenen Stoffe des Chemiewaffenübereinkommens (CWÜ) aufgeführt. Im Zweiten Weltkrieg wurde es unter dem Code-Namen „W“ als Kampfstoff von den Alliierten bereit gestellt, aber nie eingesetzt.
Ein wirksames Gegengift gibt es nicht. Die Behandlung erfolgt demnach rein symptomatisch, je nach Aufnahmeweg:

  • oral: Magenspülungen, Aktivkohle, Rehydrieren
  • pulmonal: Atmung unterstützen, Lungenödem behandeln
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Quellen
http://www.gifte.de/Giftpflanzen/ricinus_communis.htm
http://www.labor-spiez.ch/d/aktuelles/fact_sheet/ricin
http://www.nbc-med.org/SiteContent/HomePage/WhatsNew/MedAspects/Ch-32electrv699.pdf
http://de.wikipedia.org
Fotos
Abb.1: S. von den Berg
Abb.2: http://www.amg.gda.pl/~orl/FOTO-GALERIA/EUPHORBIACEAE.htm
Abb.3: http://www.ilexikon.com/images/9/97/RICINUS.jpg

 

Henrike Peuschel, Juni 2005


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