Noctiluca scintillans (syn. Noctiluca miliaris)
oder das Meeresleuchttierchen (Meeresfunke)
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Reich Protista
Abteilung Chromophyta
Klasse Dinophyceae
Ordnung Gymnodiniales
Familie Noctilucaceae
Maße 0,5-1 mm Durchmesser
Vorkommen weltweit
Besonderheiten Bioluminiszenz
Schutzstatus nicht geschützt

 

Allgemeines
Noctiluca scintillans, auch das Meeresleuchttierchen genannt, fällt für gewöhnlich kaum auf, ist es doch ein Einzeller und gehört damit zum Mesozooplankton. Doch hin und wieder fällt an manchen Stränden, meist in der Brandung, des nachts ein ungewöhnliches Leuchten des Wassers auf. Hier ist der Meeresfunke, sparcle of the sea, am Werk. Wer sich der Romantik des Meeresleuchten selbst einmal hingeben möchte, der kann auf dieser Seite des Senkenberg-Forschungsinstitutes eine Prognose des Auftretens finden. Für alle, die zurückschauend feststellen wollen, ob sie beim letzten Nordseeurlaub etwas verpasst haben, können hier nachschlagen.
Alle paar Jahre kommt es zu einer massenhaften Vermehrung der Meeresleuchttierchen. Diese großen Schwärme können zu den sogenannten "Roten Tieden" (red tides) führen. Für "Rote Tiden" ist nicht immer Noctiluca verantwortlich. Die rote, nicht leuchtende Färbung rührt nicht direkt von N. scrintillans selbst her, sondern den von deren aufgenommener Nahrung. Den Kontakt mit diesen Algenschwärmen sollte man im übrigen meiden.
 
Noctiluca-Algen-Blüte vor Kalifornien - Bild entnommen von
The Harmfull Algae Page
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Habitus

Mit etwa 1 mm Durchmesser ist N. scintillans ein verhältnismäßig großer Dinoflagellat, der auch mit bloßem Auge erkannt werden kann. Die Zelle ist pfirsichförmig, dabei etwas abgeflacht und von gallertiger Konsistenz. An einer Seite eine quergestreifte "Bandgeißel", an dessen Basis eine Furche die Mundöffnung bildet. An dieser Furche befindet sich eine weiter, sehr feine Geißel. Im Inneren der Zelle befindet sich in Mundnähe ein in Protoplasma eingebetteter Kern, von dem Plasmastränge zur Membran (Pellicula) verlaufen.

Bild rechts: Durchlicht von N. scintillans, deutlich ist der dunkle Kern unter der darüber liegenden Mundöffnung zu erkennen. Plasmastränge lassen sich erahnen. Bild von S. von den Berg
Die meisten Noctilucas sind mehr oder weniger farblos, bei ca. 2% kommt es jedoch zu einer Trübung des Zellkörpers durch endozytisch lebende α- and γ-Proteobakterien sowie Gram positive Bakterien. Manche dieser Bakterien sind für Säuger toxisch (abgegebene Substanzen blockieren Na-Kanäle), was bei großen Schwärmen wie den Roten Tieden problematisch sein kann. Ob es sich bei den Bakterien um Symbionten oder Parasiten handelt, ist bislang nicht geklärt (vgl. AWI Bremerhaven).
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Meeresleuchten...?

Betrachtet man einen einzelnen Organismus, so ist es übertrieben, von einem Leuchten zu sprechen. Der Lichtpuls dauert nur etwa 0,1 s an, ist also eher ein Blitz. Von einem Leuchten ist erst dann zu sprechen, wenn unzählige Zellen zeitlich leicht versetzt ihre Blitze versenden. Doch warum und wie kommt es zu dieser Bioluminiszenz?

Wie?
Das wie ist mittlerweile eine altbekannte Sache: Die Fähigkeit zu Leuchten basiert auf der Spaltung von Luziferin durch Luziferase. Solange, wie das Licht zu sehen ist, ist auch das Enzym Luziferase aktiv. Diese Reaktion ist in der Natur verhältnismäßig weit verbreitet, das wohl bekannteste Beispiel in unseren Breiten sind die Glühwürmchen. Die Reaktionsgleichung lautet:

FMNH2 + O2 + RCHO -> FMN + RCOOH + H2 + Licht (490nm)

Das ganze als Valenzstrich-Formel gibt es hier nochmal zu sehen. Es sei der Vollständigkeit halber erwähnt, dass es verschiedene Luziferine gibt, so wie auch andere Flagellaten in der Lage sind, zu leuchten. Beeindruckend ist dabei die Effizienz: nahezu 100% der freiwerdenden Energie wird in Licht umgewandelt, verglichen mit von Menschen geschaffenen Lichtquellen enorm, Glühbirnen zum Beispiel bewegen sich unterhalb von 10% Ausbeute.

Warum?
Wozu das ganze gut sein soll, war längere Zeit fraglich, da eine direkte Funktion, wie Partnerfindung oder Beutefang (siehe Glühwürmchen oder Laternenfisch) nicht vorhanden zu sein scheint.
Meeresfunken sind zu sehen, wenn der Organismus taktil gereizt wird, sei es durch direkten Kontakt oder durch den Wellengang. Die Lichtblitze der Meeresleuchttierchen sind nach vielen Berichten auffallend synchron. Vielleicht liegt dies daran, dass der auslösende Wellenschlag einer gewissen Periodik folgt.
Doch ein Vorteil muß für N. scintillans vorhanden sein, denn die Reaktion kostet Energie (in Form von ATP). Nach meinem Kenntnisstand der Dinge dienen die Lichtblitze der Anlockung von Fraßfeinden, nicht jedoch der eigenen, sondern derjenigen, die die eigenen Fraßfeinde fressen, frei nach dem Prinzip "Der Feind meines Feindes ist mein Freund". Sorgt also der kurze Lichtblitz beim Gefressen-werden dafür, dass der Räuber zum Gejagten (und letztlich ebenfalls Verspeisten) wird, so sinkt der Feinddruck wiederum für die Artgenossen.

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Vermehrung
Die Vermehrung der Meeresleuchttierchen findet, wie dies für Einzeller üblich ist, durch Zellteilung statt. Dabei kann es (laut Westheide) zu einer Vielzellteilung kommen, so dass aus einer Mutterzellen hunderte Tochterzellen entstehen können. Der biologische Sinn ist bei diesen freilebenden Arten noch nicht ganz verstanden.
Anderer Literatur (Claus / Groben / Kühn) nach bilden sich entdifferenzierte Schwärmer durch Knospung. Alternativ kommt es zu Längsteilungen.
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Ernährung

Im Gegensatz zu den meisten anderen Dinoflagellaten ist N. scintillans nicht autotroph (photosynthetisch aktiv), sondern ein heterotropher Räuber. Mit Hilfe einer langen Geißel fängt es vor allem die zum Phytoplankton gehörenden Diatomeen. Aber auch das Zooplankton ist vor dem Meeresleuchttierchen nicht sicher und selbst Crustaceen stehen auf dem Speiseplan.

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Quellen
Lehrbuch der Zoologie Spezieller Teil - Claus, Grobben, Kühn (Springer Verlag)
Spezielle Zoologie I - Westheide (Spektrum Verlag)
Fotos
Titel und Habitus von S. von den Berg
http://www.whoi.edu/redtide/

Zum Stöbern

Weitere Bilder von Noctiluca auf der Seite der Uni Kiel

 

Sönke von den Berg, Februar 2006


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Konzept und technische Umsetzung:
Bilddarstellung: Lightbox 2.X by Lokesh Dhakar