Teil 1/1
Semibalanus balanoides, die Gemeine Seepocke
oder die Gezeitenseepocke
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Reich Animales
Stamm Arthropoda
Unterstamm Crustacea
Klasse Cirripedia
Ordnung Thoracica
Familie Balanidae
Maße basaler Durchmesser ~ 1-1,5 cm
Alter 3-5 Jahre
Vorkommen überwiegend Nordseeküste, Atlantik, westliche Ostsee
Besonderheiten Im Besitz eines der im Verhältnis zur Körpergröße längsten Penisse der Welt;
Verbreitung über Schiffsrümpfe
Schutzstatus nicht geschützt

 

Einleitung und Wissenswertes
Semibalanus balanoides ist eine sessile Krebsart, die in Deutschland am weitesten verbreitete Seepockenart. Sie gehört wie die Decapoda (Sacculina, vielen aus dem Biologieunttericht bekannt) oder Artemia zu den Crustacea. Der Name bedeutet übersetzt soviel wie „halbeichelähnlich“, da die gebildeten Panzer die Form einer halben Eichel haben (semi = halb (lat.), balanos = Eichel (gr.), -oides = ähnlich (lat.)).
Diese Seepockenart lebt im Eulitoral, welches in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen trocken fällt (so an der Nordseeküste bei den Gezeiten (Name -> Gezeitenseepocke!)). Die Tiere sind einem ständigen Wechsel von Temperaturen (Frost oder Sonnenhitze bei Niedrigwasser), Feuchtigkeit (Ebbe und Flut), Salzgehalt (Meer- oder Regenwasser) sowie starkem Wellenschlag ausgesetzt.
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Aufbau

Der kleine Weichkörper des adulten Krebses ist von einer Mauerkrone aus 6 ausgefransten, hellgrauen Kalkplättchen umgeben (Rostrum, Carina sowie beidseitig Lateralia und Carina-Lateralia). Der Panzer besitzt oben zwei weitere, verschieden große Kalkplättchen (Scutum und Tergum), welche ihn bei Trockenheit fest verschließen. So ist das Tier im Inneren weitgehend vor Austrocknung oder Salzverlust durch Regen geschützt. Über Mikrophyle ist eine Luftatmung möglich.
Nach unten hin befindet sich am Kopf des Tieres eine membranöse, im Durchmesser 1 – 1,5 cm große Bodenplatte, welche an einem festen Untergrund haftet. Als Hartsubstrat dienen tote oder lebende Substanzen wie Steine, Muschelschalen, Carapax von Dekapoden oder nicht imprägnierte Schiffsrümpfe.
Bei der oft dichten Besiedelung kommt es ggf. zu veränderten Bauweisen, wie zum Turmbau, wo der Durchmesser auf jeder Höhe des Gehäuses gleich ist, oder zum Buckelwachstum, bei dem der Durchmesser zur Basis hin sogar abnimmt.

Der Krebs, der im Inneren des Gehäuses lebt, hat sechs Paar zweiästiger Thorakalbeine, welche zu mehrgliedrigen, langen, behaarten Fangbeinen umgebildet sind, die dazu dienen, im Wasser bei geöffnetem Gehäuse Plankton (vor allem Diatomeen) zu filtrieren und dem Tier als Nahrung zuzuführen.


Zeichnungen [2]
 
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Fortpflanzung und Lebenswandel
Semibalanus balanoides ist ein Zwitter, die Individuen befruchten sich gegenseitig. Er hat einen Penis, der doppelt so lang wie sein Körper ist und kann damit benachbarte Seepocken befruchten. Die Brut der Eier findet bei ca. 10 – 12 °C Wassertemperatur im Kalkpanzer statt. Im Frühjahr verlassen die Nauplien, welche einen eigenen Panzer haben und noch mehr Krebseigenschaften als ihre Eltern aufweisen, das Gehäuse, entwickeln sich zu einer Cyprislarve und suchen sich einen Platz zum sesshaft werden.
Bevorzugt werden Orte, an denen bereits andere Seepocken siedeln, da dies ein gutes Nahrungsanbebot und Feindarmut verspricht. Oft sind dies strömungsreiche Stellen, da die Cirren dann nur passiv ins Wasser gehalten werden müssen.
Das kolloniale Wachstum begünstigt einerseits die Fortpflanzungs- möglichkeiten, andererseits konkurrieren die Tiere intraspezifisch um Nahrung und Raum.
Die Cyprislarve zementiert sich schließlich am Untergrund fest, dreht sich auf den Rücken und baut ihre schützende Mauer aus 6 + 2 Kalkplättchen. Die Tiere häuten sich nicht, sind aber mantelumschlossen.
Häufig lebt Semibalanus balanoides in Kommensalismus (eine Probiose), wobei er selber kommensal ist und bei Muscheln zum Beispiel von der Strömung seines strudelnden Wirtes profitiert.
(Als Kommensalismus bezeichnet man eine Lebensgemeinschaft, aus der die eine Art einen Vorteil erzielt, die zweite aber weder begünstigt, noch beeinträchtigt wird. Die profitierende Art nennt man kommensal.)
Probiose zwischen Muschel und Seepocken [1]
 
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Feinde

Seepocken werden von Seeigeln, Schnecken, Strandkrabben sowie bei Niedrigwasser von Vögeln wie dem Austernfischer und dem Strandläufer gefressen.
Das Innere des Gehäuses von unten [2]
 
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Das Problem mit den Schiffen
Seepocken wurden vor allem früher über Schiffsrümpfe in alle Welt verbreitet. Da die dadurch entstandenen Unebenheiten die Fahrt bremsten und zugleich der Rostschutz beschädigt wurde, begann man, die Rümpfe mit Antihaft-Anstrichen zu imprägnieren. Diese belasten jedoch das Wasser, weswegen die Anstriche ab 2008 wieder verboten sein werden.
Die hier besprochene Gezeitenseepocke trägt nur eingeschränkt zu diesem Problem an den Schiffsrümpfen bei. An Schiffaußenwänden / -rümpfen befindet sich der größte Teil entweder immer unter Wasser oder immer an der Luft, der eulitorale Teil ist also minimal. Deswegen treten an Schiffsrümpfen hauptsächlich sublitoral (maximal in Springtiden trocken fallend) lebende Seepocken auf.
Bemerkenswerterweise handelt es sich bei der durch Schiffe eingeschleppten Art Elminius modestus ebenfalls um eine eulitoral lebende Art. Diese wurde vermutlich nicht am Rumpf des Schiffes, sondern über Beiwasser im Inneren mitgebracht.
Korrosion beeinflusst durch Seepocken [3]
 
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Quellen
http://www.uni-duesseldorf.de/WWW/MathNat/Biologie/Didaktik/Wattenmeer/4_tiere/dateien/seepocke.html http://www.natur-lexikon.com/Texte/MZ/001/00083-Seepocke/MZ00083-Seepocke.html http://dany.twoday.net/stories/1302068/
Fotos
Ein herzlicher Dank für die Fotos und Zeichnungen geht an

  • [1] Matthias Zimmermann vom Naturlexikon
  • [2] Sönke von den Berg
  • [3] Wikipedia

 

Jessica Heemcke, März 2006


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Konzept und technische Umsetzung:
Bilddarstellung: Lightbox 2.X by Lokesh Dhakar