Macrogyrodactylus polypteri
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... Biologie und Erfahrungen ...
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Reich Animalia
Abteilung Eumetazoa
Unterabteilung Bilateria
Überstamm Acoelomata
Stamm Plathelminthes
Klasse Monogenea
Ordnung Monopisthocotylea
Familie Gyrodactylidae
Maße ungefähr 2 - 2,5 mm
Besonderheiten Parasit ohne freie Ei- und Larvenentwicklung
Meldepflicht Nicht meldepflichtig
Habitus in Aufsicht

 

REM-Bilder von M. polypteri
Bilder finden sich hier.
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Biologie
Macrogyrodactylus polypteri wurde 1956 von Malmberg als Ektoparasit von Polypterus senegalus beschrieben, dessen Veröffentlichung jedoch nicht vor 1957 erschien, so daß die Art heute mit dem Zusatz “MALMBERG, 1957” bezeichnet wird. Es handelt sich hierbei um einen Plattwurm (Plathelminthes) aus der Familie der parasitären Hautwürmer (Gyrodactylildae). Als solcher zeichnet er sich durch den für diese Gruppe charakteristischen Halteapparat am hinteren Körperende (Opisthaptor, s. unten links) aus, der sich aus einer komplexen Konstruktion aus Haken, Klammern und Zähnen zusammensetzt. Damit ist es ihm möglich, sich in der Epidermis seines Wirtes festzusetzen. Am Kopfende wird durch eine ventrale Mundöffnung die Nahrung aufgenommen, bestehend aus Hautpartikeln und Blutbestandteilen des Wirtes.
M. polypteri wird zwischen 2 und 2,5 mm lang (ŘEHULKOVÁ & GELNAR, 2003). Aufgrund der hohen morphologischen Plastizität dieser Tiergruppe ist eine Größenangabe allerdings nur als Orientierungswert zu betrachten und keinesfalls diagnostisch. Als charakteristisches Merkmal dieser Art wird allgemein der gebändert pigmentierte Darmtrakt verstanden, in dem sich Melanine abgelagert haben, die mit den Epidermiszellen der Wirtsfische aufgenommen wurden.
Bild rechts: Frontal-ventrale Ansicht des gesamten Tieres (Zeichnung: Ute Wollermann)
Im Gegensatz zu den anderen Gyrodactyliden ist diese Gattung lebendgebärend. Ihre Viviparie ermöglicht ihr eine hohe Vermehrungsrate. Im befruchteten Muttertier befindet sich eine Larve, die bereits eine weitere Larve in sich trägt. In dieser wächst aber noch eine dritte und in dieser noch eine vierte Larve. Diese Larven sind also regelrecht ineinander verschachtelt. Wird die erste Larve geboren, kann sie binnen kurzem die zweite Larve absetzen, selber befruchtet werden und weitere vier ineinander verschachtelte Larven entwickeln. Auf diese Weise muß nicht der Umweg über eine freie Eientwicklung und eventuelle Zwischenwirte und/oder planktonische Larvenstadien gegangen werden.
Bild links: Lateralansicht des Opistohaptors (Zeichnung: Ute Wollermann)
Laut KHALIL (1964) ist die Art nicht dazu in der Lage, sich im Freiwasser schwimmend fortzubewegen, wohl aber auf Substrat egelartig zu kriechen und dabei immer wieder nach Anheftungsmöglichkeiten zu suchen.
Alle Haut- und vor allem Kiemenwürmer weisen eine hohe Wirtsspezifität auf. Bei Kiemenwürmern geht diese häufig sogar so weit, daß sie bei „ihrem“ Fisch nur an einem bestimmten Kiemenbogen parasitieren oder nur an der Basis oder an der Spitze der Kiemenblättchen und dergleichen mehr (BAUER 1991). Die Wirtsspezifität von M. polypteri wird im folgenden noch angesprochen werden.
Für ohne Möglichkeit zum Wirtkontakt gehälterte Würmer wurde abhängig von Wasserqualität und –temperatur eine Überlebensfähigkeit von bis zu 10 Tagen festgestellt.
Bild rechts: Ventralansicht des Opistohaptors (Zeichung: Ute Wollermann)
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Infektionsverlauf
Auf Wildfängen seines Wirtes, Polypterus senegalus, sind stets nur wenige Exemplare auf der Ventralseite und auf dem Kopf gefunden worden. Bereits KHALIL (1964) beschrieb aber in seiner ersten Veröffentlichung zur Biologie von M. polypteri eine sprunghafte Steigerung der Infestationsrate auf Tieren in Aquarienhälterung. Seine Versuchstiere waren nach 25 Tagen komplett mit dem Parasiten überwuchert, welcher dann einen dichten, grau-weißen Flaum auf der Körperoberfläche der Fische bildete. Bereits nach 17 Tagen nahm die Kondition der Fische rapide ab und es kam zu zahlreichen Todesfällen. Als eine weitere Begleiterscheinung stellte sich eine immense Verschlechterung der Wassers ein, das täglich gewechselt werden mußte.
Der häufigste Weg der Einschleppung des Parasiten in die Hälterungsanlagen verläuft schließlich über das Einbringen von Wildfängen von Polypterus senegalus. Dies war beim ersten Auftreten dieser Erkrankung auch bei mir der Fall. Unter Aquarienbedingungen kommt es dann zum bereits angedeuteten Infestationsverlauf. Die Besiedlung der Fische durch den Wurm verläuft dabei nach KHALIL (1964) fleckenartig. Sie beginnt ventral in Schwanznähe, dann treten Areale um die Augen und den Mund herum auf, danach auf der Kopfunterseite, auf der Bauchseite in Kopfnähe, dann auf den Flossen, dann auf den Körperseiten und schließlich auf der Körperoberseite nahe den Rückenflösseln. Ich konnte auch einzelne Parasiten auf der Kiemendeckelinnenseite und sogar im Maul beobachten.
Einen Infektionsverlauf auf diese Weise nachvollziehen zu können ist für den Normalaquarianer nicht einfach. Auch ich kann nur vermuten, daß es bei meinen Tieren so abgelaufen ist, nicht jedoch sicher bestätigen. Das liegt vor allem daran, daß die Infektion in den meisten Fällen erst bemerkt wird, wenn sie schon sehr weit fortgeschritten ist und die Würmer bereits nahezu alle Körperoberflächen besiedelt haben. Der Grund hierfür ist darin zu suchen, daß ein geringgradiger Befall, wie er zum Beispiel bei den oben erwähnten Wildfängen der Fall ist, von den Flösslern sehr gut ertragen, unter Umständen nicht einmal selbst bemerkt wird. Sie zeigen also auch noch keine Verhaltensauffälligkeiten. Und makroskopisch sind fünf bis sechs beinahe durchsichtige, dünne, 2 mm kleine Würmchen auf der Körperoberfläche eines Flösselhechtes auch eher nur durch Glück zu finden, so daß der Pfleger von ihnen nichts bemerkt, bis sie sich so vermehrt haben, daß die Flössler verhaltensauffällig werden (s.u.).
Wie aber kann es nun im Aquarium überhaupt zu einem derart massiven Befall kommen, während dies bei Tieren in freier Wildbahn nie beobachtet werden konnte? Es drängt sich der Verdacht auf, daß es sich bei M. polypteri wie bei den anderen Gyrodactyliden auch um einen Schwächeparasiten handeln könnte. Dies ist aber nur bedingt der Fall. Schwächeparasiten können sich dann durchsetzen, wenn die körpereigene Abwehr ihrer Wirte durch suboptimale Hälterungsbedingungen geschwächt wird. Einen solchen Zustand zu erreichen, dauert bei den gegenüber allen möglichen anderen Erkrankungen recht widerstandsfähigen Polypteriden aber verhältnismäßig lang. Die „Schwäche“ ist in der Gefangenschaft vielmehr in den Rahmenbedingungen zu suchen, die in der Natur vorhanden sind und im Aquarium fehlen (und umgekehrt), und erst in zweiter Linie in einer Schwächung der Fische selbst. Da wäre nämlich zunächst einmal die räumliche Enge und Begrenztheit, die in der Natur nicht oder nicht in dieser Form gegeben ist. Die Wahrscheinlichkeit, daß ein Wurm auf einen Wirt trifft, ist damit in Gefangenschaft wesentlich höher. Ebenso, wenn mehrere Tiere gehalten werden, die Wahrscheinlichkeit, daß zwei dieser Tiere sich begegnen und der Parasit übertragen werden kann. Zudem fehlen dem Parasiten im Aquarium seine natürlichen Feinde und in den meisten Fällen Strömungen, die stark genug wären, einzelne Parasiten auch wieder vom Fisch zu reißen, wie dies in Fließgewässern durchaus möglich wäre. In Versuchen ist bestätigt worden, daß eine starke, künstlich erzeugte Strömung sowie ständiger Wasserwechsel die Infektion zwar nicht auszulöschen, jedoch sehr stark einzuschränken vermögen. Es fehlen also jene Faktoren, die eine Ausbreitung des Parasiten verhindern könnten, aber dafür treten andere Faktoren hinzu, die diese auch noch fördern. Wir finden hier somit die Grundprinzipien jeder parasitären Erkrankung in der Aquakultur widergespiegelt. Die oben beschriebene Reproduktionsweise des Wurmes trägt dann natürlich noch ihren Teil dazu bei.
In den meisten Fällen wird es wohl über kurz oder lang zu einem Verlust der befallenen Tiere kommen, wenn diese nicht umgehend medikamentös behandelt werden. Es soll jedoch an dieser Stelle auch Erwähnung finden, daß Khalil in seinen Versuchen auch Flösselhechte hatte, die einen Wurmbefall überlebt hatten. Denn nachdem die Infektion ihr Maximum erreicht hatte (nach in etwa drei Wochen), nahm die Zahl der Parasiten wieder graduell ab, bis nach vier bis fünf Wochen schließlich kaum noch Würmer auf den Fischen nachzuweisen waren. Er verschweigt hierbei jedoch keinesfalls, daß es sich bei den Überlebenden nur um einige wenige der vielen Tiere handelte, die er untersucht hatte. Diese wiesen nach überstandener Infektion dafür eine vorübergehende partielle Immunität auf: sofern noch einige wenige Würmer auf ihnen verblieben, erkrankten sie nicht weiter, wenn sie erneut in Kontakt mit Trägern dieses Erregers gebracht wurden. Waren sie allerdings eine gewisse Weile schon wurmfrei gewesen, konnten sie reinfiziert werden. Daraus ist folgerichtig zu schließen, daß keine dauerhafte Immunität erworben werden kann und unsere Aquarientiere immer wieder neu von dem Parasiten befallen werden können. Interessant wäre allerdings die Frage, ob die Wildtiere von Polypterus senegalus, die immer einige wenige Parasiten beherbergen, sich damit auch einen Status der partiellen Immunität aufrecht zu erhalten vermögen und dies dann ein weiterer Grund ist, warum sie nicht schlimmer erkranken.
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Reaktionen der Fische
Wie bereits zuvor erwähnt, wird ein geringgradiger Hautwurmbefall vom Fisch in der Regel gut vertragen und die von den Parasiten verursachten Schäden sind nur gering. Eine Gefahr besteht allerdings in möglichen Sekundärinfektionen. Durch die Hakenapparate und die Freßtätigkeit verursachen die Würmer viele kleine Wunden in der Wirtsepidermis, durch die Keime eindringen und die sich entzünden können. Der Wirt allerdings reagiert wohl auch selbst mit seinem Immunsystem auf eindringende Oberflächenstrukturen des Parasiten oder auf Speichelproteine desselben. Solche Immunantworten ließen sich unter Umständen durch Blutuntersuchen befallener Tiere nachweisen. Generell bedeutet ein parasitärer Befall auch Unwohlsein und gesteigerten Streß für die Fische, auch hierfür ließen sich wohl Hinweise im Blut finden, z.B. in Form eines veränderten Cortisolgehaltes. Als erste äußerliche Abwehrreaktion kommt es zu einer Schleimhautproliferation. Diese könnte bei den erwähnten kurzzeitig immunisierten Tieren unterstützend gewirkt haben, indem sie neuen Parasiten das Festsetzen am Fisch und das Durchdringen bis an die Epidermis unmöglich gemacht hat. Der Grund für die extrem hohe Mortalität bei einem hochgradigen Befall ist allerdings wohl (sofern nicht bereits bakterielle Infektionen hinzugekommen sind) in der Hautirritation zu suchen, die durch die dicht an dicht sitzenden Würmer verursacht werden. Die Störungen der Epidermiszellen sind dann so gravierend, daß deren Membranen ihre für die Fische überlebenswichtige osmotische Aktivität (und damit den Ionenaustausch mit der Umgebung) nicht mehr aufrecht zu erhalten vermögen (AMLACHER 1992). Somit bricht irgendwann der Ionenhaushalt der Tiere zusammen. Noch schwerwiegender sind solche Vorgänge, auch in puncto Schleimhautverdickung, bei Kiemenwürmern. Die Kiemen der Fische sind wesentliche Organe der Ionenregulation. Eine Verschleimung der Kiemen als Reaktion auf Störungen bedeutet nicht nur eine Verschlechterung der Sauerstoffaufnahmefähigkeit, sondern auch der Ionenaustauschfähigkeit. Eine Schädigung der Kiemenepithelzellen bedeutet erst recht dasselbe.
An beobachteten Verhaltensänderungen der Flössler nennt Khalil (1964) Unruhe, Auf-und-ab-schwimmen im Aquarium und In-die-Luft-springen. Zusätzlich wurde beobachtet, daß sich die Fische an Gegenständen im Aquarium scheuerten und versuchten, sich mit ihren Flossen der Parasiten zu entledigen. Die eigenen Erfahrungen können dies teilweise bestätigen, teilweise weichen sie davon ab. Ich bemerkte bei meinen Polypteriden am „Anfang“ (wenn sie den Parasiten also tatsächlich schon einige Zeit beherbergt haben mußten) zunächst statt Unruhe eher eine gesteigerte Aktivität. Mir fiel dabei vor allem auf, daß sie dann jegliche Scheu verloren. Bei der ersten Infektion kannte ich dieses Verhalten noch nicht und war zunächst erstaunt und erfreut, bis ich merkte, woran es eigentlich lag. Mittlerweile ist mir solches Verhalten ein deutliches Warnsignal. Die Tiere ließen sich fortan von mir nicht mehr beeindrucken, auch nicht von Bewegungen vor ihrem Becken, die sie normalerweise zu rascher Flucht veranlassten. Ferner bemerkte ich, daß sie wesentlich häufiger zum Luftholen an die Oberfläche stiegen, als dies normalerweise der Fall ist. Bald erhöhte sich auch die Atemfrequenz der Kiemenatmung. Dies mag ein Anzeichen dafür sein, daß die Kiemen bei einer Infektion ebenfalls beeinträchtigt werden, allerdings ist dies von mir nicht überprüft worden und kann daher nur als eine Hypothese betrachtet werden. Luftsprünge konnte ich nicht feststellen, wohl aber ein Scheuern über den Bodengrund, dies allerdings nur sehr sporadisch. Flossenklemmen und Flossenscheuern am Körper kam zunächst wenig vor, steigerte sich aber mit der Besiedlungsstärke durch die Würmer. Von diesen vergleichsweise noch harmlosen Reaktionen abgesehen kam es bei mir nie zu einem schwerwiegenderen Verlauf, während andere Halter laut Berichten anscheinend ziemlich schnell Totalausfälle zu verzeichnen hatten, vor allem auch bei Erpetoichthys calabaricus. Allerdings habe ich auch nie eine weitere Entwicklung der Infektion abgewartet, sondern immer gleich nach Bemerken mit der Behandlung begonnen. Dennoch mußte ich in einem Falle ein Wochenende abwarten, und zu diesem Zeitpunkt hatten die Würmer ihre exponentielle Ausbreitungsphase bereits zweifelsfrei erreicht. Als ich am Montag darauf mit der Behandlung beginnen konnte, waren meine Tiere bereits dicht von den Parasiten überzogen. Doch auch dann zeigten sie sich zumindest äußerlich noch immer wenig beeindruckt und überstanden sowohl den Befall als auch die Behandlung ohne irgendwelche noch so kleinen Probleme. Generell scheinen aber sowohl der Infektionsverlauf als auch die Reaktionen der Fische unterschiedlich und unterschiedlich schwer verlaufen zu können.

Im Zusammenhang mit der parasitären Lebensweise von Macrogyrodactylus polypteri und deren Auswirkungen auf die Fische möchte ich auch nochmals auf seine Wirtsspezifität zu sprechen kommen.
Wie bereits mehrfach angeführt, ist M. polypteri auf Polypterus senegalus entdeckt worden und auf dieser Art gelangt er auch immer noch am häufigsten nach Europa und in unsere Aquarien. Sein Vorkommen beschränkt sich allerdings nicht nur auf diese Art. Längst ist von Flösselhechthaltern weltweit festgestellt worden, daß der Wurm zumindest vor den Angehörigen der Familie Polypteridae insgesamt nicht halt macht. Selbst KHALIL (1964) stellte schon in seiner richtungsweisenden Veröffentlichung fest, daß die mit P. senegalus im Sudan sympatrisch vorkommenden Arten P. bichir und P. endlicheri mit dem Wurm zwar infiziert werden können, allerdings nicht so massiv wie P. senegalus und ihn auch relativ problemlos wieder los werden. Allerdings bemerkte er auch, daß der Parasit nie auf Wildfängen von P. bichir und P. endlicheri gefunden werden konnte und diese Tiere auch in Aquarien niemals selbständig eine Infektion entwickelten. Dies kann ich mit meinem P. endlicheri-Neuerwerb definitiv nicht mehr bestätigen. Ich bekam die Art als Wildfang direkt vom Fänger. Sie hatte also seit ihrem Heimatgewässer (in Nigeria) keinen weiteren Kontakt zu anderen Polypteriden gehabt, saß beim Fänger in einem eigenen Aquarium und kam bei mir ebenfalls zunächst in Quarantäne. Und hier stellte ich dann tatsächlich nach geraumer Zeit einen Befall fest. Dieser war zugegebenermaßen weitaus geringgradiger als zuvor bei P. senegalus, aber dennoch deutlich und natürlich behandlungsbedürftig.
Was die durchschnittliche Befallsstärke für die Polypteriden betrifft, so kann ich für meine Erfahrungen folgende aufsteigende Reihe nennen:

P. lapradei -> P. endlicheri -> P. ornatipinnis -> P. delhezi -> P. polli -> P. senegalus + E. calabaricus

Wie erwähnt, dies ist nur für mich gesprochen, auch hier werden die Erfahrungen der einzelnen Halter divergieren.
Über die Besiedlung nicht-polypteriformer Fische durch den Parasiten, die mit befallenen Flösselhechten zusammen gehalten werden, gibt es wohl noch keine stichhaltigen Beweise. Derartige Beobachtungen werden von Fischhaltern jedoch immer mal wieder genannt. In Erinnerung sind mir Infestationen von Arowana und Clarias. In einem Fall war auch mein Chitala chitala von einigen Würmern besiedelt, den ich mit den Polypteriden zusammen pflege. Allerdings ist mir nicht bekannt, inwiefern es sich bei diesen Arten um Nutz- oder Fehlwirte handelt, noch ob der Parasit auf ihnen überleben kann und inwieweit diese Fische geschädigt werden können. Mein Chitala wies jedenfalls nur einen äußerst geringen Befall auf und trug keinerlei Schäden davon, obwohl auch er deutlich auf die Parasiten reagiert hat.
Deutlich auf die Parasiten reagieren können auch vergesellschaftete Synodontis-Welse (u.U. auch verschiedene Schmerlen), allerdings in völlig anderer Form. Wie sich mittlerweile mehrfach auch bei anderen Mitgliedern in einem Forum herausgestellt hat, fangen diese Welse mitunter an, befallene Polypteriden abzuweiden. Dabei gehen sie allem Anschein nach jedoch wenig rücksichtsvoll oder zumindest äußerst hartnäckig vor, so daß dieses Putzverhalten den Flösslern in der Regel schlecht bekommt. Sie weisen dann wolkig-milchig getrübte Hautpartien und Epidermisschäden auf, die, wenn die beweidenden Fische nicht entfernt werden, über kurz oder lang zum Tode der betroffenen Flössler führen können. Eventuell spielen die beschädigten Hautpartien hier dann auch eine Rolle als Eintrittspforte für Erreger von Sekundärinfektionen und/oder bei Medikamentenunverträglichkeiten.
Die oben geschilderten Zusammenhänge sind bis jetzt nur theoretischer Natur und bedürfen weiterhin der genauesten Beobachtung und der endgültigen Verifizierung, dennoch lassen die vermehrt auftretenden Hinweise durch Polypteriden-Halter verstärkt auf einen solchen Sachverhalt schließen. Etwaige Erfahrungen können hier mitgeteilt werden. 
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Bekämpfung und Prophylaxe

Wie mittlerweile gemeinhin bekannt, heißt das Mittel der Wahl zu Bekämpfung von Macrogyrodactylus polypteri Flubenol 5%. Die Prozentangabe bezieht sich auf den Wirkstoffanteil: in einem Gramm (1,0 g) dieses Medikamentes befinden sich 50 Milligramm (0,05 g) des Wirkstoffes Flubendazol. Flubenol 5% wird für die Veterinärmedizin in 500g-Kübeln angeboten, welche das Medikament in Form eines weißen Pulvers enthalten. Mittlerweile wird es in Deutschland nicht mehr verwendet, was unter Umständen zu Beschaffungsschwierigkeiten führen kann. Generell ist es über den Tierarzt zu beziehen, allerdings sind mir da schon die unterschiedlichsten Reaktionen begegnet. Während der eine sagt, er könne es nicht mehr bestellen, war es für den anderen überhaupt kein Problem. Oder auf Rezept bekam man es dann eben in der Apotheke nicht, aus oben genannten Gründen. Notfalls kann es eventuell über das Ausland bezogen werden, z.B. aus Österreich.
Eine weitere Darreichungsform des Wirkstoffes Flubendazol ist ein Gel mit dem Namen „Flubenol-P“. Es ist nach meinen Kenntnissen für die Aquaristik nicht geeignet.
Überhaupt ist das Medikament Flubenol 5% seiner ursprünglichen Bestimmung nach ein Breitbandantihelminthikum für Schweine und Geflügel. Es ist also eigentlich nicht für die Anwendung in Aquarien gedacht gewesen. Dieser Umstand macht sich durch seine schlechte Wasserlöslichkeit bemerkbar.


Zur Anwendung:

  • behandelt wird direkt im befallenen Becken. Werden die Fische extern behandelt und zurückgesetzt, infizieren sie sich erneut.
  • vor der Anwendung sind nach Möglichkeit alle Wirbellosen (Schnecken und Krebse/Garnelen) zu entfernen. Vor allem Schnecken werden durch das Medikament ebenfalls getötet und können mit Fäulnisprodukten (Turmdeckelschnecken im Kies!) das Wasser stark belasten.
  • Dosierung: 200 mg auf 100 Liter (notfalls in Apotheke abwiegen lassen).
  • Pulver in etwas Aquarienwasser auflösen und ins Becken geben. Es kann anfänglich eine leichte milchige Trübung eintreten, die aber bald verschwindet. Darauf achten, daß sich das Medikament im gesamten Aquarium verteilen kann (tote Winkel beachten).
  • Behandlungsdauer: 5 Tage. Währenddessen kein Wasser wechseln. In schwierigen Fällen kann nach fünf Tagen Wasser gewechselt und die Behandlung wiederholt werden. Fische unter ständiger Beobachtung halten und für eine gute Wasserumwälzung sorgen!
  • nach abgeschlossener Behandlung: großzügiger Wasserwechsel um das Medikament zu entfernen, eventuell über Kohle filtern.

Zum Medikament ist folgendes noch anzumerken: aufgrund seiner schlechten Wasserlöslichkeit fällt es sehr bald zu großen Teilen aus und sammelt sich in Boddennähe. Da es sich bei Polypteriden aber um bodenlebende Fische handelt, muß dies nicht unbedingt ein Nachteil sein.
Normalerweise sollte die Behandlung nach fünf Tagen abgeschlossen sein, und eventuell noch an den Fischen befindliche Würmer sollten abgestorben sein und nach einigen Tagen abfallen. Es ist sicherlich auch vollkommen ausreichend, grundsätzlich von diesem Normalfall auszugehen. In zwei mir bekannten Fällen allerdings, einmal bei mir und einmal bei einem mir bekannten Aquarianer, brach die Infektion trotz exakter Befolgung der Therapieanleitung wenige Tage nach der Behandlung erneut durch. In diesen Fällen mußte zweimal nachdosiert werden. Auch ist mit anderweitig berichtet worden, daß es mindestens sieben Tage dauerte, bis keine sich selbständig bewegenden (also lebenden) Würmer mehr an den Fischen zu finden waren. Diese Beispiele sollten aber allenfalls die Ausnahmen sein, die die Regel bestätigen und sie wurden auch nur als Hinweis der Vollständigkeit halber angeführt.
Nebenwirkungen sind mir persönlich noch keine bekannt, hier besteht also dringend Beobachtungsbedarf, um dies entweder abzusichern oder zu korrigieren!

Abschließend sei noch bemerkt, daß mittlerweile im Ausland, aber auch in Deutschland, gute Erfolge mit Medikamenten erzielt werden, welche den Wirkstoff Praziquantel enthalten. Es ist ein gut wirksames Antiwurmmittel, welches die Muskulatur der Parasiten lähmt.
Ich habe noch keine persönlichen Erfahrungen mit solchen Medikamenten gemacht, aber es steht zu hoffen, daß sich hier eine Notfallalternative zum Flubenol auftut. Denn bisher hat es eine solche wohl nicht gegeben. Laut Berichten verschwand eine Infektion auch schon einmal durch Meersalzbehandlung oder aber auch von alleine wieder, allerdings ist es wohl anzuraten, lieber auf Nummer sicher zu gehen, zumindest wenn man die Möglichkeit zur oben genannten Therapie hat.

Zur Prophylaxe kann nur geraten werden: Quarantäne, Quarantäne, Quarantäne. Alle Neuzugänge, ob Wildfänge oder Aquarientiere/Nachzuchten möglichst über mehrere Wochen separat unter Beobachtung halten, bevor sie zu den eingewöhnten Fischen gesetzt werden. Die Körperoberfläche der Fische immer wieder genau absuchen, was besonders bei stark gemusterten Arten (z.B. P. delhezi) nicht einfach ist. Eine prophylaktische Vorbehandlung neuer Tiere mit Medikamenten ist nicht notwendig. Sollte sich eine Infektion einstellen, ist die empfohlene Therapie dann wirksam und zuverlässig genug. Und solange die Hintergründe von Neben- oder Nachwirkungen noch nicht völlig geklärt sind, ist den Tieren eine unnötige Belastung zu ersparen.

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Quellen
AMLACHER, E. 1992. Taschenbuch der Fischkrankheiten, 6th ed. Gustav Fischer Verlag. Jena Stuttgart.
BAUER, R. 1991. Erkrankungen der Aquarienfische. Verlag Paul Parey. Berlin Hamburg.
HARRIS, R.D., 1993: Interactions between reproduction and population biology in gyrodactylid monogeneans – a review. Bulletin Francais de Peche Pisciculture, 328: 47-65
KHALIL, L.F., 1964: On the Biology of Macrogyrodactylus polypteri Malmberg, 1956, a Monogenetic Trematode on Polypterus senegalus in the Sudan. J. Helminth. 38: 210-222
KHALIL, L.F., Mashego, S.N., 1998: The African monogenean gyrodactylid genus Macrogyrodactylus Malmberg, 1957, and the reporting of three species of the genus on Clarias gariepinus in South Africa. The Onderstepoort Journal of Veterinary Research, 65: 223-231
ŘEHULKOVÁ & GELNAR, 2003: Erpetoichthys calabaricus (Polypteriformes: Polypteridae) as a new host for Macrogyrodactylus polypteri (Monogenea: Gyrodactylidae). Monogenean research Group. Poster

Bilder

Titelbild: Arne Hübner
Alle weiteren Zeichnungen: Ute Wollermann

 

Arne Hübner, April 2006
überarbeitet Oktober 2006


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Bilddarstellung: Lightbox 2.X by Lokesh Dhakar