Bakterielle Endosymbionten in Insekten
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Endosymbiose
TseTse-Fliege als Beispiel für einen Wirt (www.wikipedia.de)
Infektion mit W. pipientis
Beispiele für Endosymbiosen in Insekten
Anwendung

 

Endosymbiose
Anscheinend stellen Bakterielle Endosymbiosen einen Maßgeblichen Motor der Evolution dar. Beispielsweise wurde, wenn man der Endosymbiontentheorie glauben schenkt, durch das Einwandern von frei lebenden Vorläufern der Mitochondrien die Entstehung der heute typischen eukaryontischen Zelle erst eingeleitet. 15 % bis 20 % aller Insekten leben in solchen Lebensgemeinschaften. Besonders Myzetozysten-assoziierte Symbionten scheinen oftmals einen Beitrag an der Ernährung ihrer Wirtstiere zu leisten. Da viele Bakterien und ihre Wirte oft eine Übereinstimmung der phylogenetischen Stammbäume aufweisen, somit also eine enge stammesgeschichtliche Verwandtschaft zu vermuten ist, ist es möglich, dass unangepasste, parasitäre Keime durch schrittweise Adaption von Erreger und Wirt langsam ihre Virulenzeigenschaften verlieren können. Allerdings ist es ebenso möglich, dass kommensale Beziehungen zu einem parasitären Verhältnis führen. Hier entwickeln ursprünglich harmlose Keime durch horizontale Übertragung bestimmte für Virulenzfaktoren kodierende genetische Elemente, die sie in ihr Genom inkorporieren. Insgesamt sind die Beziehungen zwischen Wirtsorganismen mit den besiedelnden Mikroorganismen eine der wichtigsten Triebkräfte der Evolution. Sie führten zum Aufbau komplexer Strukturen, wie Beispielsweise dem adaptiven Immunsystem der Vertebraten.
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Eine Infektion mit W. pipientis hat weitreichende Folgen...

Bakterielle Endosymbiosen, hauptsächlich mit Beteiligung von Wolbachia pipientis, kommen bei schätzungsweise 15 % aller Insekten vor. W. pipientis kommt hauptsächlich in den Ovarien und Testikeln infizierter Arthropoden vor. In den Ovarien von Hymenopteren befindet sich W. pipientis in den Nährzellen. Dort können sie sich auch vermehren und über Plasmabrücken in die sich entwickelnden Eier gelangen.

Eine Infizierung mit Wolbachia kann für ihre Wirte zytoplasmatische Inkompatibilität, Induktion von Parthenogenese, Verweiblichung von genetischen Männchen oder spezifische Abtötung von Männchen mit sich bringen. Die zytoplasmatische Inkompatibilität führt zu einer Kreuzungsinkompatibiltität zwischen mit Wolbachien infizierten Männchen und nicht-infizierten Weibchen. Nach der Befruchtung werden bei solchen Kreuzungen die väterlichen Chromosomen eliminiert, was zu haploiden Embryonen führt. Bei diploiden Insektenarten und einigen haplodiploiden Milbenarten stirbt der Embryo daraufhin ab. Lediglich bei einigen haplodiploiden Insektenarten, wie Wespen zum Beispiel, entwickeln sich daraus normale, haploide Männchen. Somit führt zytoplasmatische Inkompatibilität zu einer relativen Zunahme des Anteils infizierter Weibchen in einer Population. Auf diese Weise können die Wolbachien die Reproduktion ihrer Wirtstiere zu ihren Gunsten beeinflussen.

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Beispiele für Endosymbiosen in Insekten

In Blattläusen, Tstse-Fliegen (Glossina ssp.), Schaben und Ameisen finden sich Myzetozyten-assoziierte Endosymbiosen. Diese Symbiosen sind dadurch gekennzeichnet, dass die Bakterien intrazellulär in spezialisierten Zellen (Myzetozyten) lokalisiert sind, vertikal übertragen werden und Wirtstier sowie Symbiont nicht längerfristig ohne einander existieren können. In den Blattläusen hält sich Buchnera intrazellulär in den Zellen des Myzetoms (spezielles Organ) auf. Dort sind sie in membranumschlossenen Vesikeln (Symbiosomen) lokalisiert. Das Myzetom besteht aus einem polyploiden Zellverband mit rund 60 bis 90 Zellen und befindet sich in einer Körperhöhle. Die Symbionten in Blattläusen erleichtern ihrem Wirt anscheinend die Stickstoffaufnahme, denn sie ernähren sich von kohlenhydratreichem aber Stickstoffarmen Pflanzensaft. Eine Eliminierung der Endosymbionten führte zu Gewichtsabnahme sowie einer negativen Tendenz in Wachstumsrate und Fortpflanzung.

Ebenso befinden sich die Bakterien der Gattung Wigglesworthia in einem Myzetom der Tsetse-Fliegen. Hier wird vermutet, dass die Bakterien eine Rolle bei der Produktion von Vitaminen des B-Komlexes spielen. Bei den Schaben wird vermutet, dass die Symbionten an der Wiedergewinnung von Stickstoff aus metabolischen Abfallprodukten des Wirtsmetabolismus beteiligt sind. Anders ist es bei Ameisen der Gattung Camponotus. Dort befinden sich die Bakterien in einzelnen Myzozysten, die gemeinsam mit den Enterozyten das Mitteldarmepithel aufbauen. Sie liegen wie die Mitochondrien frei im Zytoplasma vor. Bereits während der Larvenentwicklung der Ameisen assoziieren sich die Bakterien mit endodermalem Gewebe, aus dem sich später der Mitteldarm ableitet.

Zusätzlich zu den so genannten primären Symbionten wurden morphologisch unterscheidbare, kleinere Bakterien gefunden. Sie liegen nicht in den Myzetozyten vor. Durch Analyse der 16SrDNA-Sequenzen wurde die Verwandtschaft der sekundären Symbionten zu den frei lebenden Enterobakterien belegt. Wahrscheinlich sind die Bakterien erst vor relativ kurzer Zeit unabhängig voneinander in die verschiedenen Wirtstiere gelangt. Daher können in einigen Tieren zusätzlich zu den Mitochondrien intrazellulär noch bis zu drei weitere cytoplasmatisch vererbte endosymbiontische Genome vorkommen.

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Anwendung
Da viele Arthropoden Schädlinge sind und in der Landwirtschaft entsprechende Probleme verursachen, wird nach Mitteln in der Schädlingsbekämpfung gesucht, die alternativ zu Insektiziden verwendet werden können. Man könnte Symbionten ebenso einsetzen um die Parasitenlast zu verringern. Außerdem könnte die Übertragung von Krankheitserregern, beispielsweise durch Tsetse-Fliegen oder Zecken verringert werden, wenn die durch Wolbachien verursachten reproduktiven Störungen bei infizierten Arthropoden direkt zu ihrer Bekämpfung eingesetzt werden. Es könnte möglich sein in Vektor-Tieren Genprodukte zu exprimieren, die für Krankheitserreger toxisch sind oder deren Übertragung hemmen. Denn in vitro konnte bereits gezeigt werden, dass einige kultivierbare sekundäre Symbionten für genetische Manipulationen zugänglich sind.
Das Einbringen genetisch veränderter Symbionten in Wolbachia-infizierte Vektor-Tiere könnte durch die zytoplasmatische Inkompatibilität zu einer Vektorpopulation mit einer deutlich verringerten Parasitenlast führen. Dennoch, obwohl gute Ansätze erarbeitet wurden, sind in den meisten Fällen die bislang charakterisierten Bakterien einer genetischen Manipulation noch nicht zugänglich.
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Quellen
  • Christina Sauer, Bert Hölldobler, Roy Gross: Bakterielle Endosymbiosen in Insekten

 

Kerstin Römermann, Simon Danisch, August 2006


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Konzept und technische Umsetzung:
Bilddarstellung: Lightbox 2.X by Lokesh Dhakar