Erwinia amylovora oder der Erreger vom Feuerbrand
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Reich Bacteria
Phylum Proteobacteria
Abteilung γ-Proteobakterien
Klasse Zymobacteria
Ordnung Enterobacteriales
Familie Enterobacteriaceae
Gram-Färbung negativ
Form Stäbchen
Meldepflichtig ja

 

Allgemeines

Erwinia amylovora ist das erste Bakterium, dass als Pflanzenpathogen identifiziert worden ist. Es ist Gram-negativ, stäbchenförmig, peritrich begeißelt und gehört zur Familie der Enterobacteriaceae.
E. amylovora befällt vorwiegend die Unterfamilie Pomoideae der Rosaceae, also apfelfrüchtige Rosengewächse, und verursacht hier die meldepflichtige Krankheit Feuerbrand, die zuerst Ende des 18. Jahrhunderts in New York beschrieben worden ist. Zu den Pomoideae gehören unter anderem Apfel (Malus), Birne (Pyrus), Quitte (Cydonia), Himbeere (Rubus) und zahlreiche andere Nutz- und Zierpflanzen wie zum Beispiel Feuerdorn-Arten (Pyracantha), Hagedorn (Crataegus) und Mispeln (Cotoneaster).
In Europa ist die Krankheit zuerst im Jahr 1957 aufgetreten.

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Symptomatik

Typische Symptome einer Pflanze, die mit E. amylovora infiziert ist, sind Welken und Nekrosen befallener Gewebe, die zu einem verbrannt-schwarzen Aussehen führen. Blätter schrumpfen zusammen, kräuseln und verfärben sich schwarz-braun. Die Rinde verfärbt sich ebenfalls schwarz-braun und ist zunächst weich, schrumpft und verhärtet sich aber später. Häufig krümmen sich die Zweigspitzen hakenartig ein.
Das Krankheitsbild ist an Früchten sehr ähnlich; auch diese schrumpfen zusammen, färben sich schwarz und bleiben häufig noch monatelang am betroffenen Baum hängen.
An den Ästen können sich im weiteren Verlauf der Infektion krebsartige Geschwüre bilden. Unter entsprechenden klimatischen Bedingungen (vor allem bei viel Feuchtigkeit) kann an allen infizierten Bereichen der Pflanze ein milchig-bräunlicher Bakterienschleim austreten.

Typische Symptomatik von M. domestica (Apfel), infiziert mit Feuerbrand
Starke Welkesymptome - Zum Vergrößern anklicken.
Vergrößerung des roten Kastens - Nekrosen und Bakterienschleim
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Infektionsverlauf
E. amylovora überwintert in der Regel in den Geschwüren. Im Frühjahr vermehren sich die Bakterien und wandern in umliegendes gesundes Gewebe ein; vor allem während feuchten Wetters tritt schließlich Bakterienschleim im Bereich der Lenticellen und an Rissen der Rinde aus.
Zahlreiche Insekten wie Bienen, Fliegen und Ameisen werden von dem zuckerhaltigen Schleim angelockt. Die Insekten verbreiten die Bakterien damit vorwiegend auf Blüten, die sie besuchen, es konnte aber auch schon eine Verbreitung über Wind und Wasserspritzer beobachtet werden.
Die Primärinfektion erfolgt also vorwiegend über die Nektarien der Blüten, aber auch verwundetes Pflanzengewebe kann infiziert werden.
In der Blüte vermehren sich die Bakterien sehr rasch und gelangen über den Interzellularraum oder die aufgeweichte Mittellamelle von Zellen der Blüte in den Blütenstiel und in die Zweige ("Shoot Blight"). Sehr ähnlich verläuft eine Infektion von einem Blatt ausgehend.
Die Bakterien befallen dann das Gefäßsystem. Eine Anhäufung von ihnen führt hier zu den charakteristischen beschriebenen Welkesymptomen und dem Absterben von Blättern, Früchten und Zweigen, da der Wasserfluss blockiert wird. Ausgehend vom Gefäßsystem kann schließlich die gesamte Pflanze befallen werden.
Schematischer Infektionszyklus von E. amylovora
 
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Pathogenitätsfaktoren

Bislang wurden zwei Pathogenitätsfaktoren von E. amylovora identifiziert: extrazelluläre Polysaccharide (EPS) und „hypersensitive response proteins“ (HRPs), so genannt, da sie eine hypersensitive Reaktion in Nicht-Wirtspflanzen hervorrufen.
Das hauptsächliche EPS von E. amylovora ist Amylovoran, ein saures Heteropolysaccharid, dass aus Sorbit gebildet wird und möglicherweise zur Maskierung der Bakterien dient. Amylovoran verursacht einen Zusammenbruch von Pflanzengewebe und hat vermutlich eine Funktion in der Speicherung von Wasser und Nährstoffen für das Bakterium.
Die für E. amylovora untersuchten HRPs können zum einen vermutlich Signalwege der Pflanze blockieren, die zu einer Abwehr-Antwort der Pflanze führen könnten, zum anderen zu einem TypIII-Sekretionssystem gehören, das den Bakterien ermöglicht, Proteine in die Pflanzenzelle einzuschleusen.

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Bekämpfung von Feuerbrand

a) Mechanische Maßnahmen
Befallene Äste, Stämme oder auch ganze Bäume sollten mindestens 10-30 cm unterhalb der sichtbaren Befallsstellen abgeschnitten und das Pflanzenmaterial verbrannt werden. Die Schneidewerkzeuge sollten mit 10% Natriumhypochlorid desinfiziert werden. Bei starkem Befall sollten betroffene Pflanzen gerodet werden.

b) Kontrolle pollenübertragender Insekten
Bevor die Blütezeit im Frühjahr erreicht wird, sollte ein Kontrollprogramm gegen Insekten stattfinden, um die Gefahr der Übertragung von Feuerbrand durch sie zu verhindern.

c) Bakterizide
Sprays mit Kupfersulfat oder Kupferkalkbrühe bieten nur einen geringen Schutz vor einer Infektion.
Etwas effektiver für die Behandlung sind Antibiotika wie Streptomycin- und Oxytetrazyklin-haltige Sprays, allerdings auch nur zur Vorbeugung von Blüteninfektionen.
Ein Problem beim Einsatz von Antibiotika ist allerdings das Auftreten resistenter E. amylovora-Stämme. In Deutschland dürfen Antibiotika nur in Ausnahmefällen eingesetzt werden.

d) Verwendung von Feuerbrand-resistenten Kultivaren
Die beste Möglichkeit, der Krankheit vorzubeugen, besteht darin, weniger suszeptible Obstlsorten in Plantagen zu verwenden. Auch wenn kein Kultivar gänzlich resistent ist, so gibt es deutliche Unterschiede in der Anfälligkeit. Apfelsorten wie zum Beispiel Red Delicious und Stayman werden meistens nicht infiziert, solange sie nicht neben hoch anfälligen Pflanzen stehen

e) biologische Kontrolle durch Antagonisten
Eine Alternative zu chemischer Bekämpfung oder der Nutzung resistenter bzw. toleranter Obstsorten ist die Ausbringung natürlicher Antagonisten des Feuerbranderregers auf den Wirtspflanzen. In den USA wird der Pseudomonas fluorescens Stamm A506 unter dem Namen „BlightBan A506“ präventiv gegen Feuerbrand eingesetzt; Pantoea agglomerans EhC9-1 hat von der US Umweltschutzagentur eine Zulassung für experimentellen Gebrauch erhalten.
Studien haben ergeben, dass P. fluorescens A506 und P. agglomerans EhC9-1 die Gefahr einer Blüteninfektion durch E. amylovora um 50%-80% herabsetzen können. Da die Infektion der Blüten nur in einem recht engen Zeitfenster von sieben bis zehn Tagen erfolgen kann, reicht prinzipiell eine Unterdrückung von Feuerbrand innerhalb dieser Zeit aus. Allerdings ist die Blüte in den meisten Kultivaren asynchron und erfolgt über eine Zeitspanne von bis zu sechs Wochen. In diesem Fall und unter geeigneten Wetterbedingungen sind die Bäume innerhalb dieser Periode anfällig für Feuerbrand.
Die Wirkungsweise von P. fluorescens A506 und P. agglomerans EhC9-1 ist unterschiedlich; während P. fluorescens A506 mit E. amylovora um Wachstums-limitierende Ressourcen konkurriert, produziert P. agglomerans EhC9-1 toxische Antibiotika.

Bislang ist keine befriedigende Behandlung von Feuerbrand möglich, die unter b)-e) aufgeführten Behandlungsmethoden sind ausschließlich präventiv möglich. Ist eine Infektion erst einmal aufgetreten, bleibt tatsächlich nur noch die Rodung betroffener Zweige oder Pflanzen.

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Quellen
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  • Meng, X., Kim, J.F., Bobasera, J.M., Nissinen, R.M., Borejsza-Wysocka, E., Malnoy, M.A., Aldwinckle, H.S., Beer, S.V. (2006) Apple proteins that interact with DspA/E, a pathogenicity effector of Erwinia amylovora, the fire blight pathogen. Molecular Plant-Microbe Interactions 19, 53-61.
  • Oh, C.-S., Beer, S.V. (2005) Molecular genetics of Erwinia amylovora involved in the development of fire blight. FEMS Microbiology Letters 253, 185-192.
Fotos & Abbildungen
Silvia Schmoock

 

Silvia Schmoock, Oktober 2006


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Bilddarstellung: Lightbox 2.X by Lokesh Dhakar