Elektr. Fische
Torpedo spec. oder Zitterrochen im Allgemeinen
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Reich Animalia
Stamm Chordata
Klasse Elasmobranchii
Ordnung Torpediniformes
Familie Torpedinidae
Maße bis 180 cm Länge (Torpedo nobiliana)
Vorkommen ubiquitär in gemäßigten und tropischen Meeren
Besonderheiten Starke elektrische Impulse zur Jagd und Verteidigung
Schutzstatus Je nach Art unterschiedlich

 

Geladen?

Die Fähigkeit der Zitterrochen (aus der Familie der Torpedinidae), starke elektrische Schläge auszusenden, ist seit langem bekannt, wenn auch noch nicht lange verstanden. Alte römische Ärzte nutzten die Tiere zur Behandlung von Gelenkschmerzen und ähnlichem in einer frühen Form von Elektrotherapie.
Wenn auch der therapeutische Effekt anders ausfällt und teilweise durchaus starke Nebenwirkungen zeigt, so wird berichtet, dass es zu den Mutproben, teilweise auch Initiationsriten, bei atlantischen Fischern zählte, auf angelandete Exemplare zu urinieren. Die durch die plötzliche warme Flüssigkeit gereizten Tiere, die durch die Anlandung eh schon schlecht gelaunt waren, sorgten somit wohl auf ihre Weise für kurz- oder längerfristige Flauten im heimischen Ehebett der tapferen, nichts desto trotz aber bedauernswerten, Seemänner. Mit einer Stärke von bis zu 220 Volt pro Schlag bei den größten der 20 Torpedoarten (Torpedo nobiliana) ist zumindest anzunehmen, dass mehr als nur ein leichtes Kribbeln die Gliedmaßen durchfährt. Damit sind sie die, gemessen in Volt, stärksten marinen elektrischen Fische. Unter den limnischen Arten werden sie nur noch von Malapterurus electricus, dem Zitterwels (bis 350 V) und natürlich von Electrophorus electricus, dem Zitteraal (bis 500 - 800 V je nach Quelle) überboten.

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Habitus und elektrisches Organ
Die allgemeine Körperform der Torpedoarten ist Rochen-tyisch: Eine dorsoventral abgeflachte Scheibe wird von einem kräftigen Schwanz gefolgt. Die Brustflossen sind mit dem Kopf verschmolzen. Das Maul liegt ventral. Die dorsal liegenden Kiemenöffnungen saugen das Wasser in Anpassung an die bodengebundene Lebensweise ein und geben das veratmete und mit CO2 angereicherte Wasser ventral wieder ab. Die Augen sind nicht sonderlich gut ausgebildet bis zur vollkommenen Blindheit. Bei dem Jagdverhalten spielt die Vision jedoch auch keine Rolle, nachträglich erblindete Tiere waren nicht benachteiligt.
Das Organ zur Erzeugung der starken Ströme liegt beidseitig von Kopf und Branchialorgan (siehe roter Bereich der Skizze). Die in hexagonalen Kolumen aufgebauten Elektrocyten (Durchmesser: ca. 7 mm) sind von schlecht leitendem Gewebe umgeben, so dass die Spannung von ventral nach dorsal fließt. Der Impuls ist dabei, typisch für starke Elektriker, monophasisch (Erklärung zu den Phasen siehe hier).
Skizze oben rechts: Ventralansicht mit eingezeichneter Lage der elektrischen Organe beim Zitterrochen.
(Quelle: S. von den Berg)

Die Kolumnen durchspannen dabei die gesamte Dicke der Flügel. Im Gegensatz zu Süßwasserarten, bei denen die der Strom maximiert wird, liegt bei den marin lebenden Rochen der Effekt in der Maximierung der Spannung. Ausschlaggebend ist hierfür eine große Anzahl paraleller Kolumnen (500 - 1000) mit weniger Elektrocyten (~ 1000) verglichen mit nur etwa 70 Kolumnen aus jeweils etwa 6000 Elektrocyten bei dem Zitteraal.
Zusätzlich zu dem Organ zur Generierung der hohen Spannung liegt im Schwanzbereich ein weiteres paariges Organ für schwache Ströme (grüner Bereich der Skizze oben rechts). Untersuchungen lassen die Verwendung zur Elektroortung (typisch für die liminischen schwach-elektrischen Fische, wie Gnathonemus petersii und Aperonotus albifrons) ausschließen. Wahrscheinlich ist eine Rolle bei der innerartlichen Elektrokommunikation.

Bild links: Linker Flügel mit den paralellen Kolumen. Zum Vergrößern des gesamten Bildes außerhalb des Auschnittes klicken, zur Vergrößerung der Kolumnen innerhalb des scharzen Quadrates klicken. (Quelle: S. von den Berg, Präparat: unbekannt)
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Zentralnervöse Kontrolle
Die Steuerung des elektrischen Organs wird vom Cerebellum übernommen. Eine starke Vergrößerung dieser Struktur verglichen mit Arten, die nicht über ein elektrisches Organ verfügen, ist deutlich zu erkennen. Das Extrem findet sich bei den Elefantenrüsselfischen, welche unter allen Fischen anteilig (nach allometrischer Korrektur) das größte Cerebellum besitzen.
Auf dem Bild links deutlich zu erkennen (jeweils nur einseitig eingezeichnet) ist die stark ausgeprägte Versorgung der beiden starkelektrischen Organe. Vor allem im Vergleich zu den Nerven der typischen Rezeptoren und Erfolgsorgane ist die offensichtliche Wichtigkeit des Elektrik für das Tier offensichtlich.
Bild links: Zentralnervöse Steuerung - das Gehirn von dorsal (Quelle: S. von den Berg, Präparat: unbekannt)
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Beutefang
Das Fangverhalten läuft stereotyp ab und für T. marmorata detailiert beschrieben (z.B. Belbenoit 1970). Der Torpedo liegt lauernd am Meeresboden, häufig zu größeren Teilen vergraben. Der Angriff wird durch eine Annäherung an den vorderen Rand der Scheibe ausgelöst. Innerhalb einer halben Sekunde wölbt sich das Tier zu einem Bogen auf und springt auf- und vorwärts. Der Aufwärtssprung beträgt maximal den halben Durchmesser der Scheibe, der Vorwärtssprung 2/3 derselben.
Der Erfolg dieser Fangstrategie wird durch das "Abfeuern" von einem Stromschlag, der häufig von weiteren gefolgt wird, stark verbessert. Der Effekt für das Beutetiere kann trotz der vergleichsweise geringen Ladungsdichte von 30 mA/cm² verheerend sein und reicht von partieller und temporärer Lähmung bis zum Tod. Durch den starken Schock kann in manchen Fällen selbst die Wirbelsäule gebrochen werden. Selbst wenn das Beutetier entkommt, kann der Tod später durch Melanisation eintreten.
Auf der Animation (rechts) ist der Fangvorgang einmal ungefähr in Echtzeit und einmal zwanzigfach verlangsamt dargestellt. Dargestellt ist ein Beutefische, der sich dem lauernden Rochen von dessen rechter Seite nähert. Ist die Beute nahe genug an dem Jäger, wölbt sich die Scheibe, der Rochen springt vorwärts und emmitiert dabei einen elektrischen Schlag (durch einen hellen Lichtschein angedeutet).
Nach erfolgreichem Angriff wird er gelähmte Fisch anschließend unter der dem Torpedo begraben und in Richtung des Maules manövriert, um verspeist zu werden.
Animation des Beuefanges in Echtzeit und Zeitlupe (Quelle: S. von den Berg)
Taucher berichten, dass sie den Schock als starken Faustschlag empfunden haben. Theoretisch sind Lähmungen auch bei Menschen möglich, dahingehende Berichte liegen jedoch nicht vor, die eingangs erwähnte Mutprobe wurde von diesen Untersuchungen aber wahrscheinlich nicht mit einbezogen.
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Verbreitung
Zitterrochen sind weltweit verbreitet lebende marine Arten. Bentisch (am Meeresgrund) lebend können sie von flachen Wasser bis in beachtliche Tiefen vorkommen, Torpedo nobilana wurde bis in Tiefen von 600 m beobachtet. Neben den Himmelsguckern (Astroscopus) sind Rochen die einzigen stark elektrischen Fische im marinen Lebensraum. Sie kommen auf der ganzen Welt in gemäßigten und tropischen Salzgewässern vor.
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Quellen

Electroreception and Communication in Fishes - Kramer (Fischer Verlag)
Biologie der Fische - Bone & Marshall (Fischer Verlag)
Biology of Fishes - Bond
Wikipedia.de (Zugriff: April 2007)

Fotos
Titel: Wikipedia
Alle anderen Bilder und Animationen wie beistehend

 

Sönke von den Berg, April 2007


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Konzept und technische Umsetzung:
Bilddarstellung: Lightbox 2.X by Lokesh Dhakar