Defensine – körpereigene „Antibiotika“
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Die Defensine sind eine Familie etwa 35-50 Aminosäuren langer Peptide, die unter anderem von neutrophilen Granulozyten und von Epithelzellen produziert werden. Sie sind ein wichtiger Bestandteil des unspezifischen Immunsystems und werden zum Beispiel eingesetzt, um Mikroorganismen zu töten, die sich auf der Darm- oder Lungenschleimhaut befinden. |
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In der Aminosäuresequenz der Defensine gibt es 6 konservierte Cysteine, die durch drei Disulfidbrücken zur Struktur und Funktion der Peptide beitragen. Nach Position der Cysteine werden die α- und β-Defensine unterschieden. Die α-Defensine, auch HNP (human neutrophil defensins) werden vor allem von neutrophilen Granulozyten (phagozytische Leukozyten) und von Paneth-Zellen gebildet. In den Neutrophilen machen sie bis zu 50% des Proteingehalts der azurophilen Granula aus und tragen bei der Verschmelzung der Vesikel mit einem Phagolysosom maßgeblich zur Lyse des eingeschlossenen Bakteriums bei. Paneth-Zellen sind Zellen in der Darmschleimhaut, die durch Bakterien (bzw. Bakterienbestandteile wie Lipopolysaccharide) induziert Defensine, Lysozym und Phospohlipidasen freilassen. β-Defensine oder hBD (human β-Defensins) dagegen werden hauptsächlich von Epithelzellen sezerniert, teilweise konstitutiv (z.B. hBD-1), teilweise aber auch durch Bakterieren oder Interleukine ausgelöst (z.B. hBD-2). Defensine im Mucus von Lunge, Darm und Urogenitaltrakt sind ein Teil der primären Abwehr und Verhindern die Kolonisation von Krankheitserregern. |
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Abb. 1: hBD-2, Disulfidbrücken in gelb.
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Defensine wirken in vitro in Konzentrationen von 1-100 µl/l bacterizid gegen gram-negative und gram-positive Bakterien. Der Mechanismus ist noch nicht genau bekannt, sicher ist aber, dass sich die Peptide mit ihren kationischen und lipophilen Aminosäureresten an die (negativ geladene) Zielmembran anlagern und ihre Konformation ändern. Nun vermutet man, dass sie eine Pore oder ein Loch bilden und die Membran permeabilisieren. In gram-negativen Bakterien gelangen dadurch weitere Defensinmoleküle ins Periplasma, die auch die Membranintegrität der Cytoplasmamembran stören. Eine folgende Interaktion mit bakteriellen Zellbestandteilen wie der DNA oder mit der Proteinbiosynthese wird diskutiert. Die bakterielle Zellmembran wird dabei bevorzugt, da sie auf der Oberfläche viel mehr negative Ladungen (Phosphatgruppen der Lipopolysaccharide der Gram-negativen oder Lipoteichonsäuren der Gram-positiven) als eukaryontische Zellen trägt. In höheren Konzentrationen wirken Defensine allerdings cytotoxisch auch für die Wirtszellen. |
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Abb. 2: Neutrophiler Granulozyt wandert aus dem Blutgefäß in das Gewebe ein, sezerniert proteolytische Enzyme, um interzelluläre Verbindungen zu lösen (zur Verbesserung seiner Beweglichkeit) und phagozytiert Bakterien. - Zum Vergrößern hier klicken!
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Defensine sind Teil des unspezifischen Immunsystems. Dieses ist bei Neugeborenen allerdings noch nicht vollständig ausgereift. So konnte gezeigt werden, dass bei neugeborenen Ferkeln eine intratracheale Instillation (Einträufeln in die Luftröhre) von Defensinen vor einer Infektion mit Bordella pertussis, einem Auslöser von Keuchhusten, schützt. Das lässt hoffen, dass Defensine als Antibiotikaersatz verwendet werden können. Dagegen sprechen aber die weitere Eigenschaften der Defensine:
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In späteren Studien wurden nämlich auch andere Funktionen der Defensine entdeckt. Neben der direkten antimikrobiellen Wirkung spielen Defensine auch eine Rolle in Inflammation, Wundreperatur und Regulation der spezifischen Immunantwort. Werden viele Erreger an einem Ort durch Phagozytose zerstört, werden von den Neutrophilen neben Cytokinen auch größere Mengen an Defensinen freigesetzt. Dadurch wird eine lokale Entzündungsreaktion (Inflammation) ausgelöst, die weitere Immunreaktionen auslösen kann. An Mäusen konnte gezeigt werden, dass durch eine intratracheale Instillation von menschlichen α-Defensinen (in dosis- und zeitabhängiger Weise) eine akute Lungendysfunktion ausgelöst werden kann. Die Symptome ähneln denen vieler inflammatorischer Erkrankungen der Atemwege. Und wirklich sind viele Krankheiten, wie zum Beispiel Cystrische Fibrose, Asthma oder chronischer Bronchitis, mit hohen Defensinkonzentrationen in der Lunge verbunden. |
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