Gymnosporangium sabinae oder der Birnengitterrost
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Reich Fungi
Gymnosporangium sabinae(Quelle: 1)
Abteilung Basidiomycota
Klasse Urediniomyceten
Ordnung Uredinales
Familie Pucciniaceae (Rostpilze)
Vorkommen Wacholder (Winterwirt) und Birne (Sommerwirt)
Besonderheiten Pflanzenparasit, häufige und auffällige Erkrankung der Birne, obligater Wirtswechsel
Schutzstatus nicht geschützt, pflanzenpathogen

 

Einleitung

Wer eine Birne im Garten stehen hat, hat ihn möglicherweise kennengelernt - den Birnengitterrost. Er ist leicht erkennbar, denn er ruft auf den Blättern leuchtend orange-gelbe Flecken hervor, die sich bis zum Herbst ins Rötliche verfärben. Auf der Blattunterseite entstehen im Laufe des Sommers lokale Wucherungen (Verdickunges des Blattes), welche große Sporenlager des Pilzes enthalten.

Bei Gymnosporangium handelt es sich um einen pflanzenpathogenen Pilz, der jedoch nur den Winterwirt, Wacholder, dauerhaft befällt. Und genau darin liegt auch sein Schwachpunkt. Doch dazu später mehr.


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Allgemeines

Der Birnengitterrost wird dem der Abteilung der Basidiomycota zugeordnet. Vertreter dieser Abteilung bilden Basidien (lat. "basidium" = "kleines Fußgestell") und ihr Entwicklungszyklus weist eine kurze diploide Phase auf. Zu den Basidiomycota zählen viele Speisepilze (Steinpilze, Pfifferlinge, Champignons). Der Pilz, wie wir ihn kennen und sammeln stellt dabei das Basidiocarp dar, in dem die Basidiosporen gebildet werden.

Die Rostpilze, zu denen Gymnosporangium gehört, sind allerdings nicht gerne gesehen, da sie obligat parasitisch auf Pflanzen (u.a. Kulturpflanzen - Bohnen, Getreide, Pflaumen) leben, diese schädigen und die Qualität des Ertrages senken. Man unterscheidet heterözische und autözische Rostpilze. Heterözische Vertreter vollziehen im Laufe ihres Entwicklungszyklus' einen Wirtswechsel, autözische bleiben auf ein- und derselben Wirtspflanze. Der Birnengitterrost entwickelt sich heterözisch.


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Der Entwicklungszyklus in Wort und Bild
Keine Angst vor Fachbegriffen! Ein kleines Glossar dazu befindet sich weiter unten auf dieser Seite.


1) Teleutolager an einem Wacholder-Ast (Quelle: 2)
Winterwirt von Gymnosporangium sabinae ist der Wacholder. Er wird im Herbst von dikaryotischen Aecidiosporen (diese heißen so, weil sie im Aecidium, einem Sporenbehälter der Rostpilze, gebildet werden) befallen. Diese Sporen keimen aus und durchwuchern das Holz des Wirtes. Die Sprosse der Pflanze verdicken sich und an der Basis der Äste bilden sich sogenannte Teleutolager aus. Diese sind bei Trockenheit ca. 3-5 mm lang und zapfenförmig. Regnet es, quellen sie stark auf, und verfärben sich orange (Bild Nr. 1).


2) Eine Teleutospore von Gymnosporangium sabinae 400x (Quelle: 3)
Die Teleutolager enthalten dickwandige dikaryotische Teleutosporen (Bild Nr. 2). In diesen kommt es nun zur Karyogamie und anschließend zur Meiose. Die Teleutosporen sind in der Lange, bei Feuchtigkeit innerhalb weniger Stunden auszukeimen. Sie bilden zunächst einen Keimschlauch (das sog. Promycel), aus dem die Basidie entsteht, welche vier monokaryotische Basidiosporen enthält. All das findet im Frühjahr statt.
Die monokaryotischen Basidiosporen können nun nur noch den Sommerwirt befallen, auf dem Winterwirt können nur dikaryotische Sporen keimen. Die Basidiosporen werden mit Wind und Wasser bis zu 500 m weit getragen und landen - im Idealfall für den Pilz - auf einem Birnenblatt.


3) Spermogonien auf einem mit G. sabinae infizierten Birnenblatt (Quelle: 1)
Dort keimt die Basidiospore aus. Es bildet sich zunächst ein monokaryotisches Myzel, einige Zeit später werden dann sogenannte Spermogonien gebildet - winzige kraterförmige Wucherungen auf der Blattoberseite, etwa einen haben Millimeter im Durchmesser. Auf dem Blatt kann man zu diesem Zeitpunkt mit bloßem Auge bereits kleine, leuchtend orangefarbene Flecken erkennen, welche sich im Laufe der Wochen stetig vergrößern. Bei genauerem Hinsehen (z.B. mit einer Lupe), erkennt man innerhalb eines solchen Fleckes mehrere Spermogonien.


4) Querschnitt durch ein Spermogonium 200x (Quelle: 3)
Ein Spermogonium ist in etwa aufgebaut wie eine bauchige Flasche. Die Wände dieses Organs bestehen aus dichtem Myzel. Innerhalb dieser Wände kann man im Querschnitt Peridien erkennen - borstenförmige Fortsätze, welche auf die Öffnung des "Kraters" zuzustreben scheinen und schließlich wie ein Schopf aus ihr herausragen. Innerhalb des Spermogoniums werden die monokaryotischen Spermatien gebildet. Diese kleinen einzelligen Fortpflanzungseinheiten (übrigens: ebenfalls Sporen) werden über Insekten, welche mit den Spermogonien in Berührung kommen, weitergetragen. Außerdem bildet ein Spermogonium monokaryotische Empfängnishyphen aus. Diese sind nicht septiert und ragen weiter über die Öffnung heraus als die Pyknidien. Mit etwas Glück (der Birnengitterrost ist weit verbreitet, also funktioniert dieses System offensichtlich) landen diese Spermatien dann wieder an einem Spermogonium, bzw. einer Empfängnishyphe.
Zusätzlich zu den Spermogonien auf der Blattoberseite werden auf der Blattunterseite Aecidienanlangen gebildet. Trifft dann ein Spermatium auf eine Empfängnishyphe, verschmelzen diese zwei Zellen miteinander (Plasmogamie). Eine Verschmelzung findet nur statt, wenn zwei unterschiedliche Kreuzungstypen (+ bzw. -) aufeinandertreffen. Bei einer Mischinfektion eines Birnenbaumes ist dies jedoch ohne Schwierigkeiten möglich.


5) Blick auf die Aecidien von G. sabinae (Quelle: 1)
Ab diesem Zeitpunkt liegt wieder ein dikaryotisches Myzel vor. Aus genau diesem Myzel werden nun aus den Aecidienanlagen die Aecidien gebildet. Auch Aecidien sind Sporenlager. Sie führen zu Wucherungen auf der Blattunterseite und bestehen aus ovalen Gruben, deren Wände aus dikaryotischem Myzel bestehen.


6) Querschnitt durch ein Aecidium 20x (Quelle: 3)
Am Boden der Aecidien befinden sich sporenbildende Hyphen, sog. Phialiden. Mikroskopisch sind diese schwer erkennbar, weil es sich hier um sehr dichtes Hyphenmaterial handelt. Die Philaiden produzieren nun in den Aecidien eine riesige Anzahl von (Überraschung!) Aecidiosporen. Diese sind dikaryotisch. Und weil sie dikaryotisch sind, können sie die Birne, ihren Sommerwirt nicht mhr befallen. Aus den Aecidien ragen die sogenannten Peridien. Hierbei handelt es sich um Verlängerungen der Aecidienwand, die im Lauf der Aecidienentwickling längs "aufplatzt", so daß die Aecidiosporen wie durch ein Gitter aus dem Aecidium herausrieseln (daher der deutsche Name "Birnengitterrost".

Die Aecidiosporen werden durch den Wind davongetragen, einige erreichen einen geeigneten Winterwirt - einen Wacholderbusch. Die dikaryotischen Sporen keimen aus und durchwuchern das Holz, um später Teleutolager zu bilden - und so schließt sich der Kreis.


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Begriffsklärung

monokaryotisch - ein Kern pro Zelle
dikaryotisch - zwei Kerne pro zelle
Hyphe - Zellfaden und Vegetationsorgan der Pilze (viele kompakte Hyphen bilden u.a. den oberirdischen Vegetationskörper)
Myzel - Gesamtheit der Hyphen eines Pilzes
septiert - die Hyphe ist durch Trennwände unterteilt
Aecidium - charakteristischer Sporenbehälter der Rostpilze, produziert dikaryotische Sporen
Teleutolager - bilden widerstandsfähige (dickwandige) dikaryotische Wintersporen, die Teleutosporen
Basidie - charakteristischer Sporenträger (= Sporangium) der Basidiomycota (= Ständerpilze)
Karyogamie - Verschmelzung zweier Zellkerne miteinander
Spermogonium - charakteristisches Organ der Rostpilze, bildet monokaryotische Spermatien und Empfängnishyphen aus (die Funktion des Spermogoniums kann man sich in etwa so vorstellen wie die einer Blüte: die Spermatien haben eine ähnliche Funktion wie Pollen, die Empfängnishyphe fungiert wie ein Stempel)
Plasmogamie - Verschmelzung zweier Zellen, nicht jedoch ihrer Kerne (--> Karyogamie)


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Bekämpfung
Der Lebenszyklus im Schema
Die Bekämpfung von G. sabinae ist eigentlich kurz und schmerzlos - solange man Zugriff auf den Winterwirt hat. Die einfachste Methode ist nämlich das Entfernen des Wacholders in 500 m Umkreis vom Birnenbaum (nur daß da meist schon das Nachbargrundstück liegt). Normalerweise werden lediglich die Blätter der Birne befallen, die Qualität der Früchte leidet also nur äußerst selten und der Baum übersteht die Infektion meist recht gut. Das Ausschneiden infizierten Birnenlaubes oder Wacholderholzes bringt leider nur wenig, da der Baum ständig neu infiziert wird und neue Infektionsstellen beim Wacholder leicht übersehen werden können.
 
Schema des Lebenszyklus' von Gymnosporangium sabinae. Zum Vergößern bitte anklicken (Quelle: 3)


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Quellen
http://de.wikipedia.org/wiki/Birnengitterrost
http://de.wikipedia.org/wiki/Rostpilze
http://de.wikipedia.org/wiki/Basidienpilze
http://www.wissenschaft-online.de/artikel/587356
Fotos

(1) Fritz Geller-Grimm auf http://de.wikipedia.org/wiki/Birnengitterrost
(2) Trance Gemini auf http://de.wikipedia.org/wiki/Bild:Birnengitterrost.jpg
(3) Christiane von den Berg

 

Christiane von den Berg, Mai 2008


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