MANTIDEN Part II

Mantis religiosa (Gottesanbeterin)
Linne 1758

 

Stamm Arthropoda
Klasse Insecta
Ordnung Mantodea - Fangschrecken
Familie Mantidae – Gottesanbeterinnen
Größe 40-75 mm
Vorkommen

Ursprünglich nur in Mittel- bis Südeuropa und Nordafrika + Naher Osten verbreitet; in den USA und in Kanada wahrscheinlich eingebürgert. Durch Deutschland verläuft die (für Europa) nördliche Verbreitungsgrenze, daher nur inselartige Vorkommen in Wärmegebieten: In der Literatur wird als Standardvorkommen der Kaiserstuhl angegeben, in neueren Nachweisen auch die Gegend um Trier und regional im Saarland und in Hessen. Seit 1997 ist sogar eine stabile Population um Berlin bekannt, wobei jedoch unklar ist, ob es sich nicht vielleicht um ausgesetzte Tiere/Gefangenschaftsflüchtlinge handelt.
Die Art scheint sich also nach Norden auszubreiten, wenn auch langsamer als z.B. die Wespenspinne (siehe späteres „of the week“).
Südlich der Alpen regional überaus häufig, in Norditalien (Bozen) z.B. trifft man die Tiere eigentlich überall an.

Besonderheiten Fangschrecken sind die einzigen Insekten, die mit ihrem Blick Gegenstände und Personen regelrecht fixieren können. Denn neben der Beweglichkeit des Kopfes erinnert der einer Pupille ähnelnde schwarze Fleck im Auge an einen Menschenblick (obgleich Gottes-anbeterinnen wie alle Insekten Komplex-augen haben)
Daher kommt wohl auch der Gattungsname: mantis ist, wie üblich, altgriechisch und bedeutet „der Seher“. Das Epitheton deutet an, dass man beim Betrachten der Tiere mit ihrem in Lauerstellung „zusammengefalteten“ ersten Beinpaar den Eindruck bekommt, sie beteten.
Die nächsten Verwandten der Fangschrecken sind die Schaben (Blattodea) und nicht etwa die Heuschrecken.
Gottesanbeterinnen besitzen Ultraschall-rezeptoren, durch die sie rechtzeitig gewarnt sind wenn sie in das Visier einer Fledermaus geraten.
Schutzstatus Nach der Roten Liste in Deutschland „gefährdet“. Gesetzlich geschützt.


Aussehen:

Auffallend große Insekten, die Weibchen werden bis 75 mm lang, die Männchen bleiben meist kleiner. Es kommen sowohl braune als auch smaragdgrüne Formen vor. Auffälligstes Bestimmungsmerkmal sind die Augenflecken prolateral (=innenseitig) an den Coxen des ersten Beinpaares: Diese sind entweder reinschwarz oder schwarz mit einem weißen Fleck im Inneren.
Das erste Beinpaar ist, wie bei allen Fangschrecken, zu dornenbewehrten Fangbeinen umgewandelt, mit denen die Tiere ihrem Nahrungserwerb nachgehen.
Als Homoiologie findet man die gleich Art der Beinumwandlung bei einer völlig anderen Gruppe von Insekten: Fanghafte (subtropisch/tropisch verbreitet) der Familie Mantispidae, die jedoch zur Ordnung Planipennia (Netzflügler), also zum Verwandtschaftskreis der Florfliegen und Ameisenjungfern gehört.
In freier Natur entdeckt man meistens eher die auffälligen Eipakete der Gottesanbeterinnen (auf die später noch näher eingegangen wird) da die Tiere selbst trotz Ihrer Größe hervorragend getarnt sind. Meistens hängen die Tiere kopfüber an Ästen, zum Festhalten werden nur Laufpaar 2 und 3 verwendet. Jedoch sind auch an den Fangbeinen noch Tarsen, sodass diese auch zum Laufen und Klettern verwendet werden können.

 

 

Ernährung:

Frisst alles, was sich bewegt und die richtige Größe hat, also Fluginsekten, Heuschrecken, Grillen, Spinnen, Artgenossen.

 

 

Verhalten:

Bei Störungen kann M. religiosa die Hinterflügel spreizen und gegeneinander reiben, um damit ein zischendes Geräusch zu erzeugen. Darüber hinaus werden die Fangbeine gespreizt, um potentielle Angreifer durch die großen „Augen“ auf der Innenseite der Tastercoxen abzuschrecken.

 

 

Fortpflanzung/Entwicklung:

In Mitteleuropa schlüpfen die Larven meist im April. Sie machen eine hemimetabole Entwicklung (=unvollständige Metamorphose) durch und wachsen innerhalb von 3 Monaten bzw. 6 (Männchen) oder 7 (Weibchen) Häutungen zum geflügelten Imago (=geschlechtsreifes Tier) heran. Demzufolge findet man geflügelte Tiere ab Juli/August. In dieser Zeit findet auch die Paarung statt. Entgegen früheren Berichten überleben erstaunlich viele Männchen diesen Paarungsakt, sie werden anscheinend nur gefressen, wenn das Weibchen unterernährt ist (oder wenn die Tiere in engen Laborterrarien gehalten werden).
Die Eier werden in Eipaketen, sogenannten Ootheken abgelegt. Eine Oothek besteht aus einer schaumigen Masse, die sich an der Luft sofort verhärtet. Darin werden bei der heimischen Art ca. 200 – 300 Eier eingelagert. Ootheken werden auch von den Schaben produziert, was Rückschlüsse auf die systematische Nähe zulässt.
Im Querschnitt einer Oothek erkennt man recht gut deren Kammerung: Im Inneren liegen die länglichen Eier in Reihen. Diese Eikammer ist durch eine feste Wand abgegrenzt gegen die luftreiche Schutzschicht, die sowohl gegen Frost als auch gegen Feuchtigkeitsverlust schützt.
Ootheken findet man ab August/September. Während die Imagines den Winter in der Regel nicht überleben (nur in Südeuropa findet man manchmal das ganze Jahr über Adulte) schlüpfen die Jungen im darauffolgenden Frühjahr.

 

 

 

Weiterführendes:

Haupt, J. u.H.: Insekten und Spinnentiere am Mittelmeer, Kosmos Naturführer, Stuttgart 1993
Storch, Welsch: Systematische Zoologie, Gustav Fischer Verlag, Suttgart 1997

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Tobias Dörr, August '03