Latrodectus spec. oder die Schwarze Witwe

 

Reich
Animalia
Stamm
Arthropoda (Gliederfüßer)
Klasse
Arachnida (Spinnentiere)
Ordnung
Aranea (Webspinnen)
Familie
Theridiidae (Kugelspinnen)
Gattung
Latrodectus
Vorkommen
 
Kosmopolit in Tropen und Subtropen verbreitet, tw. Vorkommen bis nach Mitteleuropa.
Latrodectus tredecimguttatus

Besonderheiten

Weltweit gibt es ca. 50 Arten der Gattung Latrodectus [4]. Der Artstatus einiger wird jedoch angezweifelt, einige Autoren sprechen nur von 10 Arten [3]. So wird z.B. die europäische Art L. tredecimguttatus bisweilen als Unterart von L. mactans aufgefasst.
Schutzstatus
nicht geschützt

 

Identifikation

"Die Schwarze Witwe" ist ein Ausdruck für die drei für den Menschen gefährlichsten Arten der Kugelspinnen aus der Gattung Latrodectus (Latrodectus mactans, L. tredecimguttatus, L. hasselti).
Die Weibchen sind 10 - 14 mm groß und damit die größten Vertreter der Familie der Kugelspinnen. Allen gemein ist die lackschwarze Grundfarbe und das große, rundovale Opisthosoma (= der Hinterkörper) mit folgenden, artspezifischen Details:

L. mactans
Rote Sanduhrzeichnung auf der Unterseite des Hinterleibs, ansonsten rein schwarz.

L. tredecimguttatus (s. Titel)
Dreizehn (Namensherkunft: tredecimguttatus = "13 - gefleckt") Flecken auf dem Hinterleib, diese können miteinander verwachsen und somit entsprechend weniger sein. Die Flecken sind entweder rot oder bläulich mit weißem Rand.

L. hasselti
roter Längsstreifen auf dem Hinterleib (engl. "Red - back Spider")

Die Männchen sind viel kleiner (Köperlänge ca. 4mm) und nicht ohne weiteres als zur Gattung Latrodectus gehörig erkennbar.

Latrodectus hasselti
Latrodectus mactans ♂

Verbreitung

Die Witwen sind kosmopolit in Tropen und Subtropen verbreitet. L. mactans ist in Nord- und Südamerika zu finden, nördlich bis ins südliche Kanada, sehr häufig in Mexiko.
L. trececimguttatus findet man spärlich im Mittelmeergebiet, bis zum nahen Osten, nördlich bis Österrereich, häufig in Südfrankreich und Spanien, sehr häufig auf Korsika und Sardinien.
Die dritte Art (L.hasselti) schließlich ist von Südindien über Südostasion bis Australien verbreitet.


Besonderheiten

Der Name "Schwarze Witwe" rührt daher, dass die Tiere dafür bekannt sind, ihr Männchen nach (manchmal sogar vor) der Begattung aufzufressen. Dies ist jedoch nicht die Regel, viele Männchen überleben mehrere Verpaarungen.


Giftigkeit: Toxikologie und Symptomatik

Für den Menschen gefährlich sind nur die großen Weibchen.
Das Gift der Schwarzen Witwen besteht aus mehreren neurotoxischen Komponenten. Die Hauptwirkung ihres Giftes ist darauf zurückzuführen, dass die Hauptkomponente alpha -Latrotoxin (ein Protein mit einer Masse von 125 kDa) an einen Rezeptor in Synapsen von Säugern bindet und einen Kalzium-Kanal bildet. Infolgedessen kommt es zu unkontrolliertem Kalzium-Einstrom. Normalerweise erfolgt dieser Influx von Ca2+ durch spannungsabhängige Ionenkanäle, die durch ankommende Aktionspotentiale geöffnet werden. Dies wiederum ist das Signal für die postsynaptische Freisetzung von Neurotransmittern, die an der Gegensynapse Aktionspotentiale auslösen und somit Reizinformationen weiterleiten. Durch das Latrotoxin werden also fortwährend Aktionspotentiale ausgelöst, was zu Krämpfen und Schmerzen führt. Wenn der Transmittervorrat erschöpft ist können keine "echten" Reizinformationen mehr weitergeleitet werden. Konsequenz dessen sind Lähmungserscheinungen. Der Tod tritt ein, wenn durch diese Lähmungen das Atemzentrum betroffen ist.

Der Biss selbst ist kaum bis gar nicht wahrnehmbar. Die Beißwerkzeuge der Schwarzen Witwen sind relativ klein und das Gift wirkt nicht sofort schmerzerzeugend. Die Leitsymptome setzten nach 10 Minuten bis 1 Stunde ein. Sie bestehen in erster Linie aus Schmerzen in den Lymphknoten, später kommt der für Witwen-Bisse charakteristische Abdominalschmerz hinzu, der als unerträglich beschrieben wird. Ferner kommt es zu Krämpfen in den Gesichtsmuskeln (auch diese charakteristisch und daher sogar mit einem medizinischen Eigennamen versehen: Facies latrodectismica). Die gesamte, "Latrodectismus" genannte Symptomatik wurde übrigens schon durch Sokrates für Latrodectus tredecimguttatus beschrieben.
Die Symptome klingen in der Regel nach 12 Stunden von selbst ab. Ein effektives und in jedem Stadium schnell wirksames Antiserum steht zur Verfügung, dessen Verwendung ist jedoch nur in lebensbedrohlichen Fällen indiziert.


Epidemiologie

Die Schwarzen Witwen sind weltweit die bedeutendsten Giftspinnen. Dies liegt weniger an ihrer Giftpotenz als vielmehr an ihrer Häufigkeit und vor allem der Häufigkeit einer Begegnung mit Menschen. Einige Arten sind dafür berüchtigt, ihre Netze unter Toilettendeckeln anzulegen, demzufolge häufig sind Bisse in der Genitalgegend.
Über die Anzahl an Bissunfällen sind keine verlässlichen Angaben zu finden. Als relativ gesichert gilt, dass die Mortalitätsrate ohne Antiserumgabe ca. 5 % beträgt, wobei Kinder gefährdeter sind.
Eine Quelle [1] wertete Bissunfälle im Mittelmeerraum aus. Ohne Angabe des Zeitraumes ist dort von 662 Bissen die Rede, von denen 2 tödlich verliefen.


Verhalten, Ernährung

Schwarze Witwen sind reine Netzspinnen, die nicht umherwandern (Ausnahme: Die ungefährlichen Männchen). Die Tiere bauen ein für die ganze Familie charakteristisches Haubennetz, in dem sie Kopfüber verharren. Durch ihre Netzarchitektur sind sie in der Lage, sehr große Beutetiere bis hin zu kleinen Eidechsen zu überwältigen: Von einem horizontalem Grundgewebe aus führen zahlreiche Fangfäden zum Boden. Diese stehen unter Spannung, sodass ein Beutetier, das sich in ihnen verfängt und sie dabei vom Boden ablöst, in die Höhe gerissen wird. Sofort fixiert die Spinne das Beutetier mit großen Leimtropfen und weiteren Haltefäden, die es weiter in die Höhe ziehen. Ohne Bodenkontakt kann die Beute ohne größere Gegenwehr überwältig werden.
Menschen gegenüber zeigen sich Witwen sehr beißunlustig. Lässt man sich ein Tier über die Hand laufen, wird es niemals zubeißen, es sei denn, man bringt es in irgendeiner Form in Bedrängnis.

Gelege
L. mactans: ♀ mit Eikokons

 

Quellen
[1] Schmidt, Günther: Giftige und gefährliche Spinnentiere, Hohenwarsleben: Westarp - Wiss., 2000 (Neue Brehm - Bücherei, Bd. 608)
[2] Sutherland, Struan K.: Take care! Poisonous Australian Animals, 3rd edition
[3] Mebs, Dietrich: Gifttiere: Ein Handbuch für Biologen, Toxikologen, Ärzte, Apotheker Stuttgart: Wiss.Verl.-Ges., 2000
[4] Piepho, Friedhelm: Latrodectus, Mitteilungen der Deutschen Arachnologischen Gesellschaft, 7. Jahrgang, Heft 4/5, 2002, 4 - 11

 

Tobias Dörr, Oktober 2003


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