Influenza (IV) oder der "Grippe"-Virus


Familien Orthomyxoviridae



Influenza-Viren

Genus Influenza Virus
Typen Influenza-A-Virus (viele Subtypen)
Influenza-B-Virus (keine Subtypen bekannt)
Influenza-C-Virus (verursacht keine schweren Symptome)
Familie

Anopheles-Stechmücken (Fieberstechmücken)
Culex-Stechmücken (Hausstechmücken)
Aedes-Stechmücken (Gelbfiebermücken)

Vorkommen weltweite Verbreitung
Besonderheiten
  • Infektion der Atemwege
  • für zahlreiche Pandemien (weltweite Epidemien) im vergangenen Jahrhundert verantwortlich (-> Spanische Grippe, HongKong Grippe, Asien Grippe etc)
  • in Verbindung mit bakteriellen Infektionen
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Allgemeines

Heute sind mehrere Subtypen des Influenzavirus A bekannt, die nach der Herkunft ihrer Oberflächenglykoproteine (Hämagglutinin [HA] und Neuraminidase [NA]) klassifiziert werden.
Derzeit sind 15 Serotypen von Hämagglutinin und 9 von Neuraminidase bekannt
Beim Menschen sind bislang nur 5 HA Serotypen identifiziert worden.
Influenza kommt nicht nur beim Menschen vor, sondern auch bei Vögeln, Schweinen, Robben, Pferden sowie Walen.


Geschichte

Über Grippeepidemien wird seit langer Zeit berichtet. Die erste schriftliche Quelle ist ein Text von Hippokrates, in dem er über eine Hustenepidemie in Perinthus in Nordgriechenland berichtet, in deren Folge Lungenentzündungen und andere typische Symptome auftraten.
Seither wurde über zahlreiche solche Epidemien berichtet. Thompson (1852) und Creighton (1891) gaben an, dass spätestens seit dem 16. Jahrhundert in jedem Jahrhundert 1 bis 3 Grippepandemien aufgetreten sind.
Die bekannteste und verheerendste Grippeepidemie war die Epidemie, in der die sogenannte "Spanische Grippe" grassierte. Diese Epidemie erhielt ihren Beinamen deshalb, weil die ersten registrierten Fälle in Spanien auftraten, einem der wenigen Länder, in dem es damals keine kriegsbedingte Pressezensur gab.
Erst 1931 konnte Richard Shope den für die Grippe verantwortlichen Erreger beim Schwein isolieren: das Grippe- oder Influenzavirus. Im Jahr 1933 isolierte eine Forschungsgruppe des National Institute for Medical Research in London, zu der W. Smith, C.H. Andrewes und P.P. Laidlaw gehörten, ein Grippevirus beim Menschen. Seither sind zwei Pandemien aufgetreten: die eine 1957 in Asien, die andere 1968.


Aufbau

  • ssRNA (wird in mRNA umgeschrieben)
  • kugel- oder fadenförmig
  • 80-120nm groß
  • Lipidhülle
  • Genom besteht aus 8 Segmenten, die 10 Proteine codieren (13-14 kb)
  • PA, PB1 PB2 (RNA-Polymerasen)
  • Nucleoprotein
  • die beiden Oberflächenglycoproteine (HA und NA)
  • zwei Matrixproteine und zwei nicht Struckturprotei

Skizze des Aufbaus

Zyklus

Das Influenza Virus bindet mit seinem HA an den Oberflächenrezeptoren der zellulären Plasmamembran (Sialinsäure). Dieser Vorgang wird auch als Attachment bezeichnet.
Das Eindringen des Virus in die Zelle erfolgt mittels Endozytose. Nun liegt das Virus im Endosom vor. Dieses säuert sich an (pH 5), was beim Ha ein Konformationsänderung auslöst. Diese Änderung bewirkt, dass die virale Membran mit der zellulären Membran fusioniert (Uncoating). Dadurch werden die Ribonucleoproteine freigesetzt. Die Genom-RNA des Virus gelangt dann in den Zellkern, wo sie in andere RNA-Partikel umgewandelt wird, welche die Synthese neuer Viruspartikel einleiten. Diese RNA-Partikel gelangen dann in das Zytoplasma, wo sie die Bildung viraler Strukturproteine und von Genom-RNA ermöglichen. Schliesslich können die neu gebildeten Viruspartikel (die Virionen) durch Ausstülpung an der Oberfläche der Plasmamembran der Wirtszelle nach außen geschleust werden (Budding)


Vermehrung des A-Subtypus


Krankheitsverlauf

Die Influenzaviren dringen über Lunge, Mund- und Nasenschleimhaut sowie über die Augen in die Zellen ein (Tröpfcheninfektion). In der Inkubationszeit ( 1-4 Tage) nistet sich das Virus in die Zellen ein und vermehrt sich. Symptomatisch für die Influenza sind hohes Fieber, Husten, Halsschmerzen, laufende/verstopfte Nase, Kopfschmerzen, Muskelschmerzen und Erschöpfung. Innerhalb von ein bis zwei Wochen erholt sich der Körper von der Infektion.
Ist eine Grippe mit all ihren Symptomen überwunden, besitzt der/die Betroffene eine Immunität gegen Viren dieses Stamme.


Influenza-Schnelltests

Der Test weist Kernproteine des Influenzavirus A und B nach und besitzt eine Sensitivität von 75 % und eine Spezifität von 96 %. Am "ergiebigsten" sind Abstriche, die einen Tag nach Beginn der Symptome entnommen werden.


Therapien
Bei Erkrankung durch Influenzaviren vom Typ A kann der Krankheitsverlauf durch die Gabe von Amantadin, das sonst in der Parkinsontherapie Verwendung findet, gemildert und verkürzt werden. Es muß jedoch spätestens 24 - 48 Stunden nach Krankheitsbeginn gegeben werden. Amantadin hemmt, ebenso wie Rimantadin, das Uncoating bei der Virusinvasion. Nebenwirkungen sind Schlaflosigkeit, Reizbarkeit, Agitiertheit und delirante Syndrome. Die Dosis muß bei eingeschränkter Nierenfunktion reduziert werden. Kontraindikationen sind unter anderem Schwangerschaft, Thyreotoxikose, schlecht eingestellte Anfallsleiden und akute Lebererkrankungen. Die Dosis beträgt vom 1.-9. Lebensjahr 5 mg / kg KG pro Tag, maximal aber 150 mg; über den 9. Lebensjahr nehmen Kinder, sowie Erwachsene zweimal 100 mg täglich. Rimantadin ist ebenfalls nur gegen Influenzaviren vom Typ A wirksam und in Deutschland nicht zugelassen.
Ribavirin ist gegen Influenzaviren vom Typ A und B, ebenso. Es muß als Aerosol verabreicht werden, hat eine hohe Toxizität und ist in Deutschland nicht zugelassen.

Prophylaxe

Die Prophylaxe der Influenza kann aus Expositionsprophylaxe, Immunprophylaxe und Chemoprophylaxe bestehen.
Die Expositionsprophylaxe ist unter heutigen Bedingungen schwer möglich. Trotzdem sollte man während einer Grippeepidemie Menschenansammlungen soweit durchführbar meiden. Eine wirksame Form der Prophylaxe ist die Immunprophylaxe. Weltweit erfassen Gesundheitsbehörden die vorherrschenden Virusstämme und geben daraus die Empfehlung für die Zusammensetzung des Impfstoffes, rechtzeitig vor der kommenden Grippesaison.
Die Zusammensetzung des Impfstoffs für die Saison 2003/2004 ist von der WHO publiziert worden

  • Influenza A/Neu-Kaledonien/20/99 (H1N1) ähnliches Virus
  • Influenza A/Moskau/10/99 (H3N2) ähnliches Virus
  • Influenza B/HK/330/01 ähnliches Virus
Benannt werden die Subtypen von Influenza nach der Spezies der Erstisolation (diese entfällt beim Menschen), gefolgt von der Typenbezeichnung (A, B oder C), dem Ort der Isolation (z. B. HK für Hong-Kong), der Stammnummer und dem Jahr der Erstisolation. So wurde das
Influenza Virus B/HK/330/01 erstmals 2001 in Hong-Kong isoliert.

Der beste Zeitpunkt für die Grippeschutzimpfung ist vor der Influenzasaison im Oktober und November. Impfschutz besteht zwei Wochen nach Impfung und hält mindestens sechs Monate an. Die Schutzrate der Impfung beträgt 60 - 80 % und ist spezifisch gegen die ausgewählten Stämme. Die durch Impfung oder Infektion erworbene Immunität ist stammspezifisch und kann bei Antigendrift bzw. Antigenshift der Influenzaviren abgeschwächt oder unwirksam werden. Der Impfstoff ist ein Todimpfstoff. Als Impfstoffe werden Ganzvirionenimpfstoffe, Spaltimpfstoffe und Subeinheitenimpfstoffe verwendet. Die Impfung bietet keinen völligen Schutz vor einer Erkrankung, verhindert oder mildert aber die Erkrankung und verkürzt den Verlauf. Die Zahl der Komplikationen ist verringert (50 %), ebenso die der Todesfälle (60 - 70 %). Die Impfung wird für ältere Menschen, Menschen mit Publikumsverkehr (z.B. Schulen, Heime, Krankenhäuser) und Risikopatienten (z.B. Herz-Kreislauf-Erkrankungen, chronische Atemwegserkrankungen, chronische Nierenerkrankungen, Stoffwechselstörungen, Anämie, Immunstörungen) empfohlen. Sie ist während der Schwangerschaft nicht kontraindiziert und sollte auf jeden Fall genützt werden, insbesondere wenn das letzte Trimenon in die Grippesaison fällt. Kontraindikationen sind Hühnereiweißallergien und akut fieberhafte Infekte.
Für den Fall einer Grippeepidemie können Menschen mit Kontraindikationen gegen die Grippeschutzimpfung Chemoprophylaxe mit Amantadin betreiben. Andere Risikopatienten können geimpft werden und die Zeitspanne bis zum Einsetzen des Impfschutz mit Amantadin überbrücken. Amantadin kann bei Antigenshift des Influenzavirus Typ A und dadurch bedingter Unwirksamkeit der Impfung als Prophylaxe eingesetzt werden.

Risikogruppen
  • Ältere Menschen (+65 Jahre)
  • Personen, die an chronischen Erkrankungen leiden, z. B.:Erkrankungen der Atemorgane Herz-Kreislauf-Krankheiten, Nierenkrankheiten Diabetes
  • Personen mit Immunschwäche (HIV, Transplantation...)

Meldepflicht
Im § 7 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) ist festgelegt, dass für Leiter von Untersuchungsstellen (Laboratorien) eine Meldepflicht für den direkten Nachweis von Influenzaviren besteht. Diese Meldungen werden gemäß § 11 über die zuständigen Landesbehörden an das RKI übermittelt.
Zusätzlich sind Influenzanachweise generell auch nach § 12 IfSG übermittlungspflichtig. Dies bedeutet, dass - zusätzlich zum Übermittlungsweg nach § 11 - Influenzanachweise vom Gesundheitsamt aus unverzüglich an die zuständige oberste Gesundheitsbehörde und von dort unverzüglich an das Robert Koch-Institut zu übermitteln sind, welches dann die Informationen an die WHO weitergibt. Für das feststellende Labor oder den Arzt, der den Influenzanachweis in seiner Praxis durchführt, z.B. mittels Schnelltests, spielen die unterschiedlichen Übermittlungswege keine Rolle, denn in jedem Fall ist die primäre Meldung an das zuständige Gesundheitsamt zu richten.

Quellen

www.influenza.rki.de/agi/
www.influenza.ch
www.zum.de/Faecher/Materialien/beck/13/bs13-9.htm
www.drtm.de/drtm_online/sic/172.html

 

 

Björn Breyer, November '03