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By any means necessary von Tobi
Das Drama um die Buerokratie hier ist immer noch nicht vorbei.
Kurz die Situation:
An der Northeastern University bezahlt man pro Semester 6600 Dollar Studiengebuehren und 126 Dollar Servicegebuehr. Hinzu kommt unter Umstaenden noch die Krankenversicherung der Uni, die diese „anbietet“, d.h. man muss von selber darauf kommen, sie rechtzeitig zu kuendigen, sonst wird man automatisch Kunde und darf ca. 1500 Dollar pro Jahr mehr zahlen.
Unsere Reaktionen:

1. Krankenversicherung kuendigen. Wird von der Uni ignoriert, es flattert also eines Tages die Versicherungskarte ins Haus. Wir erfahren, dass es Gott sei Dank noch eine zweite Kuendigungsfrist gibt, die wir dann einhalten. Kuendigung wird akzeptiert.
2. 126 Dollar Servicegebuehr zahlen. Mache ich per Scheck, die Einloesung desselben ist wenige Tage nach Versand an meinem Kontostand zu bemerken. Einzahlung wird von der Uni ignoriert. Ich schreibe ein paar eMails. Zahlung wird weiter ignoriert. Nach ca. 2 Wochen dann verschwindet das Geld endlich von meiner Rechnung.
3. Die Studiengebuehren muessen wir nicht zahlen, wir haben ja schliesslich ein Stipendium. Wird von der Uni ignoriert. Wir laufen also ein paar Mal hin und her, schreiben eMails. Wird weiterhin ignoriert. Wir geben an der zustaendigen Stelle hoechstpersoenlich das Beweisschreiben ab (von dem uns urspruenglich gesagt wurde, es wuerde schon selbststaendig seinen Weg dort hin finden). Der Versuch des Registrierungsbueros, die nun bewiesene Tatsache unseres Stipendiums auch auf die Rechnung zu uebertragen, schlaegt offenbar fehl. Wir werden geblockt. Ich schreibe eine eMail. Man antwortet auf diese, es sei alles in Ordnung, man habe den Beweis erhalten. Das Geld ist immer noch auf meiner Rechnung.

Mein Curriculum hat sich uebrigens leicht erweitert. Ich belege jetzt auch noch das Seminar „Microbial Biotechnolgy“. Der Grund dafuer ist erstens, dass es von dem Professor geleitet wird, bei dem ich im Fruehjahr ein Laborpraktikum absolvieren werde (und ich in diesem Seminar die Grundfertigkeiten vermittelt bekomme) und zweitens, dass dieser Kurs einfach extrem gut ist. Es wird wenig Wert darauf gelegt, innerhalb von 2 Stunden so viel Wissen wie moeglich in den Kopf zu stopfen sondern mehr darauf, zu denken. Die Menge an Informationen, die vermittelt werden, ist dementsprechend gering, statt dessen steht z.B. die Erarbeitung wissenschaftlicher Fragestellungen im Vordergrund.
Dieses Semester ist also sehr molekular bzw. biochemisch orientiert. Als Ausgleich spiele ich mit dem Gedanken, naechstes Semester den Kurs „Herpetology“ (Amphibien-/Reptilienkunde) zu belegen, laut Ausschreibung inklusive einiger Exkursionen in die Habitate von Reptilien und Amphibien. Wie diese Exkursionen im Januar/Februar bei bis zu minus 20 Grad Aussentemperatur aussehen sollen, steht in den Sternen.

Am Wochenende des ersten Schneefalls (um den 12.11. herum) reisen wir endlich mal nach New York. Wir nehmen den Chinatown - Bus (der fuer 15 Dollar pro Fahrt zwischen Chinatown Boston/South Station und Chinatown New York verkehrt und fuer die Fahrt 4 Stunden benoetigt) am Samstag vormittag und fahren erstmal an die Columbia University, an der ein Freund von Bjoern studiert, bei dem wir wohnen koennen. Columbia ist eine der angesehensten Institutionen der USA (und kostet dementsprechend 20.000 Dollar Studiengebuehren pro Semester) - wenngleich auch nicht ganz so bekannt wie Harvard oder Yale - und das merkt man auch irgendwie. Der Campus liegt im oberen Drittel Manhattans und beim Hindurchwandern registriert man schon einen Qualitaetsunterschied zur Northeastern, allerdings erstmal nur, was die Symbolik angeht: Die Sessel in der Bibliothek sehen etwas edler aus und die Lernplaetze sind mit „antiken“ bzw. so aussehenden Lampen bestueckt, der Campus besteht z.T. aus neoklassizistischen Saeulenbauten mit eingravierten Aufzaehlungen beruehmter Philosophen. Gerade Symbolik scheint bei diesen Elite – Unis im Vordergrund zu stehen, wie Bjoerns Freund Stephan auch bestaetigt. Er sagt z.B., dass ein „MBA“ (Master of Buisiness Administration, also in etwa Diplom – Kaufmann) von Harvard eigentlich keinen Wissens- oder Koennensvorsprung vor einem bei anderen Unis erworbenen darstellt sondern nur einen Vitamin B – Vorsprung. (Kleines Beispiel, um das zu belegen: Unser aller George W. Bush hat einen Bachelor in Geschichte von Yale und einen MBA von Harvard. Ich glaube, das spricht fuer sich).
Wie es bei den Naturwissenschaften aussieht, weiss ich allerdings nicht, mein Biochemie – Partner Morel, der etwas tiefere Einblicke in die Bostoner Uni – Landschaft zu haben schein, erzaehlte mir, dass in Harvard schon mehr verlangt wird als woanders, es wird z.B. wie selbstverstaendlich erwartet, dass man seine Wochenenden komplett dem Studium widmet. Dennoch gilt auch hier: Wichtiger als das, was man kann, ist im Endeffekt, wo man war. Ein Personalchef, der selber in Harvard war, nimmt wohl an, dass er mit einem anderen Harvard – Absolventen irgendwie verbunden ist, da er auf die gleichen Traditionen und Verhaltensweisen gedrillt wurde und somit ein aehnlich konstruiertes Fundament aufweist. Ich denke, das ist etwas Aehnliches wie mit den humanistischen Gymnasien in Deutschland.
Egal, das ist ja eigentlich alles voellig uninteressant. Man faehrt ja nicht nach New York, um einen oberflaechlichen Einblick in die Sozialpsychologie amerikanischer Elite – Universitaeten zu bekommen, sondern, um etwas zu erleben. Wir rattern also ein paar Touristenaktivitaeten durch (Empire State Building bei Nacht, Faehre an der Freiheitsstatue vorbei) bzw. schlendern einfach durch die Gegend (Greenwich Village, Time Square). New York ist viel lebendiger als Boston und die angebliche Unfreundlichkeit der Menschen nach meiner Erfahrung nicht vorhanden. Abends ziehen wir dann mit Stephan und ein paar Freunden von ihm "um die Haeuser". In einer Kneipe treffen wir einen indisch aussehenden Menschen, der mir nichtmal seinen Namen nennt sondern einfach nur immer wieder darauf hinweist (versteckt in einer Eroerterung der politischen Fehlschlaege des wiedergewaehlten Praesidenten), dass er einen Bachelor von Harvard hat und nun an der Columbia studiert und dass sein Vater ein „very international man“ ist. Er ist allerdings betrunken, das ist eine Entschuldigung, ich bin es auch, das macht das ganze weniger nervig.
New York, New York. Sonntag abend um 7 soll der Chinatown Bus zurueck nach Boston fahren, gegen 8 ist faehrt er dann tatsaechlich los und ich schlafe fast die ganze Fahrt lang, nachdem ein Blick aus dem Fenster parallel zu Manhattan auf der anderen Seite des Flusses einen letzten Blick auf die beeindruckende Skyline erlaubt.

Es verneigt sich vorerst mal wieder in tiefer Demut,

Tobi

17.11.2004





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